Humorkritik | April 2021
April 2021
Wenn ein kluger Kopf eine offensichtliche Eselei schreibt, dann ist es Satire; wenn es ein Esel tut, nicht.
Wyndham Lewis
Wow!
»Hund, subst. masc.: Der Ehemann (aus Sicht der Ehefrau). Der Sohn (aus Sicht des Vaters).« So etwa würde ich’s versuchen, wenn ich nicht Hans Mentz wäre, sondern mich als Ambrose Bierce erproben und eine Definition im Stil seines »Wörterbuchs des Teufels« liefern wollte. Der Haken: Auch die der Gattin untergeschobene Definition spöttelt aus männlicher, vielleicht altmännlicher Perspektive. Wer den weiblichen (Hunde-)Blick sucht, wird dagegen bei der Niederländerin Alma Mathijsen fündig, und zwar in ihrer frisch bei C.H. Beck erschienenen Novelle »Ich will kein Hund sein«.
Zunächst ist das nicht lustig: Fast bis zur Mitte des Buches herrschen Jammer, Elend und Liebeskummer, weil die Ich-Erzählerin ihrem Freund nachtrauert; kleine Einsprengsel von Galgenhumor halten die Leserschaft wenn schon nicht bei Laune, so doch bei der Stange. Nach der langen Exposition aber nimmt die Sache Fahrt auf: Die Heldin sucht im Internet Rat und beschließt, sich in einen schönen Hund verwandeln zu lassen, um in dieser Gestalt zu ihrem Exfreund zurückkehren zu können. »Als Hund«, wirbt die Firma für die Transformation, »können Sie Ihren Partner grenzenlos lieben, winseln Sie nach Herzenslust nach Aufmerksamkeit, schmiegen Sie sich an seine Beine«. Alle Sorgen werden vergessen sein, wenn aus »Gedanken Hundegedanken geworden sind«; menschliche Probleme »wegen einer verlorenen Bankkarte oder darüber, dass du einen größeren Kleiderschrank brauchst oder ob du Biotomaten kaufen sollst«, existieren dann nicht mehr. Schon für die werdende Hundepersönlichkeit gibt es bald Wichtigeres: »Ich will rennen, nach draußen, Enten aufscheuchen, vom Boden essen, aus Toilettenschüsseln trinken«!
Mit manchmal lakonischem Humor (»Seit heute vormittag laufe ich auf allen Vieren«) wird die erfolgreiche Hundwerdung beschrieben, und mit Freuden nimmt der Exfreund den niedlichen Cairn Terrier in Empfang. Warum die feministische Satire trotzdem »Ich will kein Hund sein« heißt? Kleiner Fingerzeig: »Da wüfen dö heten falamon middeim kleine brockmäul.« So hört sich’s an, wenn Menschen mit Hunden reden – für Hundeohren. Finden Sie raus, was das heißt!