Humorkritik | September 2020
September 2020
Es gibt eine Art ernsthafter Leute, welche es überhaupt zur Sünde machen will, wenn man schertzet und lachet.
Georg Friedrich Meier
Aus Anlass des Wetters
Über den organisierten Frohsinn rheinischer Prägung ist schon alles gesagt worden, unter anderem von mir, am elegantesten aber von Fritz Eckenga: »Das Rheinland spricht von tollen Tagen / Wenn die Witze Trauer tragen«. Aus gegebenem Anlass aber sei hier für den 1970 verstorbenen Karnevalisten Karl Küpper eine Lanze gebrochen. Zwar hat auch er betrieben, was der Betrieb heute »Blackfacing« nennt; gleichwohl konnte er wohl nur in seiner Rolle als »Berichterstatter aus Abessinien« noch 1936 subversive Reime schmieden wie: »Es stand ein Baum am Waldesrand und war organisiert. Er war im NS-Baumverband, damit ihm nichts passiert«. Auf Druck der Gestapo und des eigenen Verbandes änderte Küpper sein Verslein: »Es stand kein Baum am Waldesrand, er war nicht organisiert. Er war nicht im NS-Baumverband, damit mir nichts passiert«. Redeverbot erhielt er dennoch, auch wegen einer anderen Nummer als Büttenredner. Darin hob er die Hand zum Hitlergruß und rief, während der Gruß vom Saal voller Volkgenossen erwidert wurde: »So hoch liegt der Dreck bei uns im Keller!«, wahlweise auch: »Ist es am Regnen?«
Nach dem Krieg nieselte es weiter. Als Küpper 1952 auf die braunen Kontinuitäten beim Karnevalsklüngel anspielte (»Es regnet immer noch!«), erwirkten seine Gegner erneut ein faktisches Auftrittsverbot. Nachdem die AfD-Fraktion in Köln erfolglos einen »Karl-Küpper-Preis« für die beste politische Büttenrede ausloben wollte, gibt es den Preis nun wirklich – für Engagement gegen Ungerechtigkeiten aller Art. Witzig ist das nicht. Aber schließlich schüttet es wieder wie aus Eimern.