Humorkritik | November 2019
November 2019
Ich komme nicht bewaffnet mit entscheidenden Wahrheiten. Mein Bewusstsein ist nicht von bedeutsamen Lichtblitzen durchzuckt. Gleichwohl meine ich, in aller Heiterkeit, dass es gut wäre, wenn einige Dinge gesagt würden.
Frantz Fanon
Lieblingswitz
Er scheint vielerorts herumzugehen; ich habe ihn vom mittlerweile kaum noch erträglichen Ricky Gervais in der Autokaffee-Show vom nur noch mäßig erträglichen Jerry Seinfeld gehört. Keiner von beiden hat ihn erfunden, aber er faszinierte beide zu Recht. Er geht ungefähr so: Ein Holocaust-Überlebender stirbt in hohem Alter und tritt vor Gott. »Weißt du, was ich lustig fand?« Gott verneint. »Den Holocaust.« – »Das ist nicht lustig«, antwortet Gott. Darauf der Holocaust-Überlebende: »Tja, ich vermute, man muss dabei gewesen sein.«
Ich mag an dem Witz sehr viel: den etwas komplizierten Aufbau; dass Gott – und mit ihm der Rezipient – in eine scheinbare Sackgasse gelockt wird; dass die Pointe mitverhandelt, wer welche Witze machen darf; und dass er dreist erscheint, sich aber moralisch auflöst.