Humorkritik | April 2019
April 2019
Oft ist eine wortlose Stunde die bezauberndste von allen;
brillanter Witz kann unbeschreiblich anödend sein.
Virginia Woolf, »Orlando«

Schlussmachen
Teresa ist nicht oberflächlich. Nein, Teresa, die in einem »Fashion-Start-Up« arbeitet und bisweilen die Namen ihrer vielen Liebhaber vergisst, hat eine Gabe: Sie kann Menschen angesichts ihres Aussehens psychoanalysieren. Denn sie wollte früher mal Kriminalpsychologin werden. Deshalb kann sie mit ihrem jüngsten Tinder-Date, dem Informatiker Anton, kurzerhand eine bald reüssierende App auf den Markt werfen, bei der die Nutzer einander anhand der von Teresa ausgemachten Charaktertypen rubrizieren: vom »Tröster« über den »Softie« bis hin zum »Sextremisten«. Für Männer und Frauen, die der Norm nicht entsprechen, gibt es »Psychopath« und »Crazy Bitch«. Das Geld kommt von Millionärssohn Paul, der sämtliche Frauen anbaggert und -schwindelt, am Ende aber doch als eigentlich ganz netter Kerl dastehen darf.
Dieser Film namens »Rate Your Date« von David Dietl kommt 2019 in die Kinos. Besser hätte er wohl in die Jugendzeit von Dietls Vater Helmut gepasst: Den Konservatismus des Streifens kann die Instagram-Optik nämlich nicht kaschieren, die meisten Szenen erinnern samt Pop-Düdeldü an Bierwerbung, dazu kommt das fürs deutsche Kino obligatorische Paar, das lächelnd auf einer Vespa durch Berlin rollt, um später, im Morgengrauen, von einem Dach auf den Fernsehturm zu blicken. Die ähnlich originelle Komik entspricht dem Niveau von Facebook-Gruppen namens »Coole Sprüche« oder »Gestört aber lustig«: »Eine Klitoris ist kein Rubbellos!« Gelacht wird ferner über Männer mit Gummipuppen, Hippies im Drogenrausch und belogene junge Frauen, die ihre Unschuld an Schmierlappen wie Paul verlieren: »Ich hab doch gesagt, es war mein erstes Mal!« – »Ich dachte, dein erstes Mal auf einem Boot!« Macht endlich Schluss mit solchen Filmen!