Humorkritik | April 2019
April 2019
Oft ist eine wortlose Stunde die bezauberndste von allen;
brillanter Witz kann unbeschreiblich anödend sein.
Virginia Woolf, »Orlando«

Schlussmachenenenen
Liebe besteht, anders als noch die progressivsten Therapieagenten unserer gegenwärtigen Beratungsgesellschaft es uns weismachen wollen, nicht in Gleichzeitigkeit, sondern aus einer Reihe von Ungleichzeitigkeiten, die einander überlagern und unterbrechen: daher ihr komisches Potential. Wenn die Klüfte allerdings zu groß werden, löst sie sich auf, verschwindet allmählich; und folgt irgendwann ihre auch offizielle Aufkündigung – ein ebenfalls höchst delikater Akt, der sich nicht ohne Spannung und, zumindest für Außenstehende, nicht immer ohne Wunder- und Absonderlichkeiten vollzieht.
Die beiden Freundinnen Jen und Mel bieten in dem neuseeländischen, schon beim Titel stottern machenden Film »The Breaker Upperers« für genau solche Fälle ihre Dienste an, retten ihre Kunden aus kaputten Beziehungen und sogar vor der ungewünschten Eheschließung: »Vor acht Monaten warst du noch nicht schwul, Russell!« schreit Jen auf einer Hochzeit, springt auf, zeigt ihren falschen Babybauch und läuft davon. In ganz harten Fällen melden sie ihre trennungswilligen, aber -unfähigen Klienten auch schon mal in Polizeiuniformen als vermisst oder entführen sie vor den Augen ihrer Partner, damit klar ist: dass Schluss ist. Dabei sind sie selbst noch tief traumatisiert von Joe, ihrer großen Liebe, der sie beide miteinander betrog, weshalb sie sich überhaupt erst kennengelernt haben.
So konstruiert das alles auch erscheinen mag – die Pointen, die die beiden fabelhaften Hauptdarstellerinnen, Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen Jackie van Beek und Madeleine Sami dem Film geben, sind nie flach oder erwartbar. »Ich habe überlegt, ein Curry zu kochen, aber dann dachte ich: O Gott, nein. Ich bin in diesem Gebiet ja noch ein Neuling. Also habe ich es unsere Putzfrau Sarina machen lassen«, sagt Jens reiche Mutter beim gemeinsamen Abendessen. Daraufhin Mel, gefragt, ob sie nicht Inderin sei: »Ich bin halb indisch und halb irisch. Ich bin eine Curry-Kartoffel.« Und wenig später, als die Familie lacht: »Weiße Menschen lieben diesen Witz.« Dass Trennungen, wie professionell auch immer durchgeführt, selten so sauber verlaufen, wie die Beteiligten es sich wünschen, müssen auch die Expertinnen schmerzhaft lernen: Anna, die außer ihrem Freund niemanden hatte und nun buchstäblich ununterbrochen weint, hängt den beiden seit dem letzten missing person package an den Fersen. Und Jordan, dessen Schlussmachversuche mittels Emoji-Nachrichten gescheitert sind, sorgt dafür, dass seine so woke wie aggressive Freundin die beiden Schlussmacherinnen mit ihrer gesamten Clique verfolgt.
Ein Glück, dass dieser Film, der mir sonst vermutlich unbekannt geblieben wäre, nach seinem Debüt im letzten Jahr nun auch auf Netflix angeboten wird; auf Amazon Prime gibt es indes die wie »The Breaker Upperers« von Taika Waititi produzierte und sehr empfehlenswerte Komödie »What We Do in The Shadows«, in der eine Vampir-WG mit den Gegebenheiten der modernen Welt zurechtzukommen lernt.