Humorkritik | März 2018
März 2018
Lachen ist ein Heilmittel, dessen stillende Kraft man nicht sattsam ermißt.
Jeremias Gotthelf
Texttextil
Seit längerem schon frage ich mich, warum Witzshirts meinen Widerwillen wecken, denn eigentlich zeugt es von Edelmut, seine Mitmenschen unterhalten zu wollen. Es tritt nur schnell ein Ermüdungseffekt ein: nach einmaliger Lektüre. Auf offener Straße mögen solche T-Shirts ja noch auszuhalten sein, in Büros und anderen Zwangs- wie Zufallsgemeinschaften nicht. Niemand sollte die Kollegen für die Dauer des gemeinsam verbrachten Tages ununterbrochen mit demselben Oneliner konfrontieren und mangels neuen Stoffs in der nächsten Woche eventuell schon wieder. Und im Zugabteil möchte ich nicht ständig »Als Gott mich schuf, wollte er angeben« auf dem Bauch des Gegenübers lesen.
Man müßte in solchen Situationen vom Witzshirtträger verlangen, seine Oberbekleidung mindestens viertelstündlich zu wechseln. Im Vorübergehen aber können schöne Geistesblitze wie »Primzahlen. Kennste eine, kennste alle« den Tag heben. Wenn mir hingegen jemand per Textil mitteilt: »Meine vier Kolben und der Turbo knallen dich weg, du Hubraum-Hugo«, dann hoffentlich nicht im Wartezimmer meines Arztes. Für Bahnfahrten empfehle ich wenigstens in den T-Shirt-Monaten den Großraumwagen.