Humorkritik | März 2018
März 2018
Lachen ist ein Heilmittel, dessen stillende Kraft man nicht sattsam ermißt.
Jeremias Gotthelf
Schröcklich!
Katastrophen haben etwas Gutes: Sie können wohligen Grusel erzeugen, wenn sie nur lange genug vorbei sind, einen nicht mehr betreffen und harmlos geworden sind. Wer’s nicht glaubt, wandele in die nächstgelegene Universitätsbibliothek und leihe sich »Das Wunderzeichenbuch« aus, ein 1552 in Augsburg gemaltes und geschriebenes, unlängst wiederentdecktes und neu aufgelegtes, für einen fetten Batzen auch käufliches Bilderbuch voller schröcklicher Naturphänomene: lustig in Szene gesetzte Kometen und Nebensonnen, drollig ausgemalte Finsternisse, Unwetter, Erdbeben, Mißgeburten und was man sonst so brauchte im 16. Jahrhundert, als christlich bemittelte Zeitgenossen die Apokalypse herangaloppieren sahen.
Wer diesen Folianten weiland besaß, muß mit heimeligem Schaudern darin gestöbert haben; wer den Nachdruck durchblättert, darf die kindlichen Malereien begrinsen. Buchstäblich Mondgesichter prangen am Firmament, ein Himmelskörper gleicht einem Zimtstern, ein anderer einer Zitrone. Ein Stier lugt possierlich aus den Wolken, große gelbe Kugeln rollen durch die Landschaft und flößen sowenig Angst ein wie das Pferd, das statt eines Fohlens ein putziges Häschen zur Welt gebracht hat. Die kindlich flächigen, bunten Landschaften und falschen Größenverhältnisse tun ein übriges – hier stimmt im Ernst nichts, und das heißt für die Komik: alles. Oder doch vieles.
Zu ihr tragen unfreiwillig auch absurde Bildunterschriften bei: »Im mcccli iar [1351] nach christi gepurt / in dem monat decembris / ward gegen mitternacht / ein comnet an dem himel gesehen / darnach gros windt vnd man sahe ain feurigen palcken vom himel fallen / das / dan gros vnainigkait: zwischen dem babst vnnd kaisser angezaigt hatt«. Ich als humor-babst halte eine Empfehlung für angezaigt.