Humorkritik | April 2018

April 2018

Lächerlichkeit tötet: Das ist ein Satz, der eine sehr finstere Bedeutung annehmen kann.
Hans Magnus Enzensberger

Verrücktes Dauerfeuer

Sage und schreibe sieben Übersetzungskräfte hat der Rowohlt-Verlag aufgeboten, um Michael Wolffs Trump-Enthüllungsbestseller »Fire and Fury« so schnell wie möglich ins Deutsche zu bringen (»Feuer und Zorn«), gleichwie fürchtend, das Publikum werde der Trumperei überdrüssig, weil »Trumps alltägliche Mätzchen« (Wolff) als alltägliche vielleicht doch einmal ermüden oder wenigstens zur Gewohnheit werden. Tatsächlich ist das Buch nicht die 500seitige Kasperliade, die man womöglich erwartet hatte, und fand sich das Gros der komischen Zitate aus dem neuen Weißen Haus (»Es ist schlimmer, als Sie sich vorstellen können. Ein von Clowns umgebener Idiot«) bereits in den Rezensionen. Es ist wohl schlicht so, daß des Präsidenten sture Eindimensionalität für genau einen Witz gut ist, oder für drei, wenn die Tatsache seiner Präsidentschaft selbst (die er Wolff zufolge im Ernst gar nicht erwartet hatte) und die Devianz seiner Kamarilla zählen.

Die »erstaunliche, süchtig machende Story«, die Wolff diagnostiziert, hat, falls der Idiot nicht doch noch seinen Atomknopf ausprobiert, ihre Höhe- bzw. Tiefpunkte nun einmal gehabt, und reichlich zehn Jahre vor Trumps Präsidentschaft, erfahren wir, habe der damalige Chef des »New York Oberserver« Anweisung erteilt, »nicht mehr über Donald Trump zu berichten, weil jede Story über Donald Trump ein Klischee geworden war«. Nun läßt sich freilich noch das Klischee ironisieren und die Übertreibung übertreiben – Trump laut Wolff: »Die nehmen alles, was ich irgendwann einmal gesagt habe, und übertreiben es, alles ist übertrieben. Meine Übertreibungen werden übertrieben« – und die Redundanz des Vorgangs dann ebenfalls abbilden, weshalb eine neue, vom Late-Night-Zampano Stephen Colbert verantwortete Trickserie denn auch »Our Cartoon President« heißt. Zu Beginn der zweiten Folge, in der es, schon wieder ein Meta-Kommentar, um Trump-Doppelgänger geht, korrigiert sich ein Nachrichtenmann: »Last week I said the Devin Nunes memo is Watergate times a thousand. In fact: It’s the asteroid that killed the dinosaurs times a million.« Und der Song zum Abspann geht, halb hysterisch, halb erschöpft, so: »Donald Trump is the President / Donald Trump is the President / Is Donald Trump the President? / Yes, he is, we elected him president! / We had a vote and elected him president!«

So daß mithin alle Stadien der Ironie zwischen unendlich und null abgeschritten wären, und wär’s nicht eine weitere Schraubendrehung, ich müßte George W. Bush zitieren, der nach Trumps Amtseinführungsrede lustigerweise gesagt haben soll: »Was für ein verrückter Scheiß.« In der Zeitung stand, in den US-amerikanischen Late-Night-Shows werde der Präsident neuerdings angefeuert, als gleichsam letztes ironisches Mittel.

Kann sein, ich brauch ’ne Pause.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
10.12.2023 Kassel, Bali-Kino/Kulturbahnhof Gerhard Henschel
10.12.2023 Frankfurt, Elfer Ella Carina Werner
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige