Humorkritik | April 2018
April 2018
Lächerlichkeit tötet: Das ist ein Satz, der eine sehr finstere Bedeutung annehmen kann.
Hans Magnus Enzensberger

China, Mosebach
Das aktuelle Jahrhundert soll ja das chinesische werden, und ich weiß nicht, ob das eine gute Nachricht ist. Durchbrüche dürfen wir aber auf dem Gebiet humoristischer Popmusik erwarten; wie mich der verläßliche Korrespondent der »Süddeutschen Zeitung« informiert, hat der lange eiserne Arm der Kommunistischen Partei letzthin Rap-Songs ermöglicht, die so schöne Titel tragen wie »Schauen wir uns die Leitungsgruppe zur Vertiefung der Reform an«: »Die Leitungsgruppe zur Vertiefung der Reform ist jetzt zwei Jahre alt / und hat schon viel erreicht / Reform! Reform! Reform!«
Toll. Das möchte ich hierzulande bitte auch: »Der Bundespräsident / ist einer / der das Land sehr gut kennt. / Hurra! Hurra!« Aber hier wird die Ironie gleich dick, während sie dorten eine Rezeptionsmöglichkeit ist, die, soweit nicht eh rein theoretisch, dem Poem eher schadet. Wie machen die Chinesen das bloß? Es wird doch nicht so sein, daß Martin Mosebach recht und Repression auch ihr künstlerisch Gutes hat? Aber nicht, indem sie Kunst zwingt, Heikles zwischen die Zeilen zu chiffrieren, sondern im Gegenteil derart einfachbödig zu werden, daß es schon wieder abstrakt und abgründig ist?
Ich würde ja die Leitungsgruppe zur Vertiefung der Reform fragen; aber ich will sie nicht stören. Sie hat schon so viel erreicht!