Humorkritik | Juni 2017

Juni 2017

Über einen Witz lachen, den man gar nicht lustig findet, ist wie einen Orgasmus zu simulieren, aber ungleich riskanter. Denn das falsche Lachen hat meist zur Folge, daß gleich noch einer nachgeschoben wird.
Martin Knepper, Facebook

1x kurz gelacht

Kennen Sie diese berühmte amerikanische Show aus den Achtzigern, die »sich als regelrechte Achterbahn aus unkonventionellen Sketchen, Varieté-Nummern, Liedparodien und Gastauftritten« präsentierte? In dieser Show lief einst eine Trickfilmserie, deren »Besonderheit« ihr »scharfsinniger Einsatz parodistischer Elemente« war, so daß ihr Schöpfer bald wußte, »daß uns hier etwas ganz Besonderes gelungen ist. Wenn wir damit etwas Gutes bewirken können, werden wir das tun.« Herzensanliegen war ihm, daß die immer erfolgreichere Serie »erste Sahne bleibt und nicht ausgebeutet wird, bis sie in den Graben läuft« – denn er war ein Mann, der »sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhte«; einer, der »noch weitere Ideen« aus »dem Hut zaubern« und »mit ähnlich dynamischer Wirkung auf ein nichtsahnendes Publikum niederprasseln lassen konnte«, und wenn Sie aus diesem Allgemeinplätzeschrottplatz nicht schlau werden, dann darf ich Ihnen mitteilen, daß es um Matt Groening geht, den Erfinder einer »konfusen Trickfiguren-Familie«, einer »gelbhäutigen, ewig zankenden Sippe«, der »›American Family‹ in ihrer grellsten Form«, eines »notorisch unausstehlichen Cartoon-Gezüchts« sogar, kurz: der »Simpsons«. Seien Sie froh, daß Sie’s nicht lesen mußten, dieses unappetitliche, 170 Seiten lange Gequirl aus Klappentextgefasel, leeren Schulanekdötchen (»Er fand ein diebisches Vergnügen darin, Witze zu erzählen, die die ganze Klasse in schallendes Gelächter ausbrechen und die Lehrerin radieschenrot anlaufen ließ«) und schamloser Hagiographie (»Wenn der Erfolg überhaupt etwas bewirkte, dann half er Matt, sich noch inniger mit unterdrückten Kindern zu identifizieren«, uäääh), welches da »Matt Groening – Der Gott der Simpsons« heißt und letzten Sommer auf deutsch bei Tropen erschienen ist; den Biographen verschweigen wir gnädig, die beiden Übersetzerinnen gleichfalls, und die einzige Stelle, an der ich lachen mußte, die geht so:

Matt Groening, frisch nach Los Angeles gezogen, verdingt sich als Chauffeur und Ghostwriter eines »ausrangierten, exzentrischen 88jährigen Western-Regisseurs«. Diesen Doppeljob beschreibt er wie folgt: »Während des Tages, wenn ich ihn herumfuhr, zeigte er mir Sehenswürdigkeiten und erzählte aus seinem Leben. Unglücklicherweise wurde er allmählich senil. Eines Tages fuhren wir zum Laurel Canyon, wo er auf eine Villa zeigte und erklärte: ›Da hinten, da hat Cary Grant gewohnt. Nie werde ich die Partys dort vergessen.‹ … Als wir am nächsten Tag an derselben Villa vorbeikamen, ging es so weiter: ›Schau mal, da ist das Haus von Laurel und Hardy.‹ Cary Grants Villa hatte sich also nicht nur über Nacht in die von Laurel und Hardy verwandelt, sondern in seinem Kopf hatte sich auch irgendwie die Vorstellung festgesetzt, Laurel und Hardy hätten zusammengewohnt.«

Mehr davon, ach, mehr davon! Es wäre schön gewesen.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Diese Steilvorlage, Kristina Dunz (»Redaktionsnetzwerk Deutschland«),

wollten Sie nicht liegenlassen. Die Fußballnation hatte sich gerade mit der EM-Viertelfinalniederlage gegen Spanien angefreundet, der verlorene Titel schien durch kollektive Berauschtheit an der eigenen vermeintlich weltoffenen Gastgeberleistung sowie durch die Aussicht auf vier Jahre passiv-aggressives Gemecker über die selbstverständlich indiskutable Schiedsrichterleistung (»Klarer Handelfmeter!«) mehr als wiedergutgemacht, da wussten Sie einen draufzusetzen. Denn wie es Trainer Julian Nagelsmann verstanden habe, »eine sowohl fußballerisch als auch mental starke National-Elf zu bilden«, die »zupackt und verbindet«, hinter der sich »Menschen versammeln« können und der auch »ausländische Fans Respekt zollen«, und zwar »auf Deutsch« – das traf genau die richtige Mischung aus von sich selbst berauschter Pseudobescheidenheit und nationaler Erlösungsfantasie, die eigentlich bei bundespräsidialen Gratulationsreden fällig wird, auf die wir dank des Ausscheidens der Mannschaft aber sonst hätten verzichten müssen.

Versammelt sich lieber vorm Tresen als hinter elf Deppen: Titanic

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Hello, Herzogin Kate!

Hello, Herzogin Kate!

Ihr erster öffentlicher Auftritt seit Bekanntmachung Ihrer Krebserkrankung wurde von der Yellow Press mit geistreichen Überschriften wie »It’s just Kate to see you again« oder »Kate to have you back« bedacht.

Und bei solchen Wortspielen darf unsereins natürlich nicht fehlen! Was halten Sie von »Das Kate uns am Arsch vorbei«, »Danach Kate kein Hahn« oder »Das interessiert uns einen feuchten Katericht«?

Wie immer genervt vom royalen Kateöse: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster