Humorkritik | August 2017
August 2017
Die Erhabenheit ist einfach bekömmlicher, wenn man ihr eine Prise Quatsch beimischt.
Hermann Schlösser
Kopfweh mit Schiller
Wir wissen nicht, wie Friedrich Schiller gesungen oder getanzt hat, weil von diesbezüglichen Schillertätigkeiten keine Dokumente erhalten sind; die existieren jedoch in Form zahlreicher Druckerzeugnisse von Texten Schillers, so daß wir einen guten Eindruck davon haben, wie er geschrieben hat. Recht ordentlich nämlich, und also vermutlich nicht so: »Er beschwor mich, daß ich mich nicht durch dessen meisterhaft zur Schau getragene Jovialität hinters Licht führen lasse, sondern alles in meiner Macht Stehende zu tun, jenen seiner gerechten Strafe zu überantworten.«
Es ist riskant, Schiller nicht nur als Figur, sondern auch als Ich-Erzähler eines Romans zu verwenden, bei dem es sich dann auch noch um einen Krimi handelt, wie es jetzt Stefan Lehnberg in »Durch Nacht und Wind. Die criminalistischen Werke des Johann Wolfgang von Goethe. Aufgezeichnet von seinem Freunde Friedrich Schiller« (Tropen) getan hat. Daß der Plot haarsträubend ist (mysteriöse Todesfälle im Umfeld des Weimaraner Herzogs Carl August, mit deren Aufklärung aus Gründen der Diskretion keine offiziellen Stellen, sondern Goethe und Schiller beauftragt werden), kann ich als halbwegs genrekompatibel hinnehmen. Leider hat der altgediente Comedy-Autor Lehnberg aber damit einen Rahmen gewählt, der ihn nötigt, sich mit dem Klassikerstatus und der Literatur seiner Helden auseinanderzusetzen – und daran messen zu lassen. Selber schuld. Denn Schiller sind nun mal keine sprachlichen Pannen zugestoßen wie Lehnberg, dem die Unterscheidung von »leichtfallen« und »leicht fallen« ebenso schwerfällt wie der präzise Einsatz des Konjunktivs: »Die Dienstmagd teilte mir mit, daß der Geheimrat das Haus bereits vor Stunden verlassen hätte.« Und selbst im Zustand erheblichster literarischer Indisponiertheit dürften Schiller keine Peinlichkeiten unterlaufen sein wie diese von Lehnberg lustig gemeinte Parodie: »Zu Diederich, dem Schankwirt schritt / Johann, mit durstiger Kehle / ›Wein her, bey meiner Seele!‹ / Und er soff, bis an Kopfweh er litt.«
Wie es gehen kann, hat Robert Löhr in seinem von mir (TITANIC 4 /2009) gepriesenen historischen Kriminalklamaukroman »Das Erlkönig-Manöver« bewiesen, dessen Freiheit im Umgang mit den Klassikern sich eines präzisen Studiums derselben und im übrigen einer korrekten Verwendung der deutschen Sprache verdankt. Der langen Rede kurzer Schiller-Sinn: Legt’s zu dem Übrigen!