Humorkritik | August 2017
August 2017
Die Erhabenheit ist einfach bekömmlicher, wenn man ihr eine Prise Quatsch beimischt.
Hermann Schlösser
Weder Nazi noch Reza
Die letzte Pointe kommt unerwartet, und zumindest an dieser Stelle war der Film dann vielleicht doch schlauer als ich, der ich eine schwarz-weiße Stunde lang mit Knallköpfen und Abziehbildern des linksliberalen britischen Bürgertums konfrontiert war – die zynische Altfeministin; der tapsige Esoteriker und Life-Coach; die sozialdemokratische Karrieristin, die von Zweifeln befallen wird, ob sie nicht allzulange ihren Mann und dessen Probleme vernachlässigt habe; der koksende Bösewicht-Banker –, so daß ich, weil auch die Klischeerolle der männerhassenden (und schwangeren) Lesbe schon gut besetzt war, nicht mehr damit gerechnet hatte, daß die heimliche Liebschaft der Politikerin ebenfalls eine Frau sein könnte. Surprise, surprise. Bis zu diesem Punkt aber habe ich einem Kammerspiel beiwohnen dürfen, das, bei aller oberflächlichen Ähnlichkeit mit Produkten z.B. einer Yasmina Reza, seinen Fortgang nicht aus Dialogen und dem zunehmenden Clash of Weltanschauungen bezieht, sondern einfach dort, wo ein Effekt seine Wirkung allmählich verliert, einen neuen Effekt auffährt: Alkohol – Kokain – geheimer Handyflirt – versteckte Pistole – Drillingsschwangerschaft (Bekenntnis 1) – tödliche Krankheit (Bekenntnis 2) – Affäre (Bekenntnis 3) – Affäre 2 (Bekenntnis 4) … Wenn dazwischen politisiert wird und Gewißheiten, wo schon nicht ins Wanken, so doch in Schwingung geraten (die linke Gesundheitspolitikerin erkennt die Nachteile von Kassenärzten; der todkranke Atheist beginnt, dem Karmageschwätz des Esoterikers zuzuhören), so dient es eher zur Füllung der Wartezeit bis zur nächsten Überraschung.
Immerhin: Nicht in jedem Film wird ein Todkranker verprügelt. Spaß gemacht hat mir auch Bruno Ganz als Eso-Hippie Gottfried (»Es ist besser, eine Fensterscheibe geht zu Bruch, als das Fenster zu jemandes Seele!«) im Duett mit seiner desillusionierten linken Gattin (Patricia Clarkson), die Schwangerschaft auf diese Weise würdigt: »Ihr wißt ja, Kinder werden jeden Tag geboren und ruinieren unseren Planeten – darum lieber einen Toast auf die Ministerin!« Ganz, dessen Comedy-Qualitäten ich seit seiner Hitlerverkörperung schätze, darf zwischendurch auch noch »Aber ich bin kein Nazi!« rufen. Dochdoch, man kann sich das Ganze (»The Party«, Regie: Sally Potter) durchaus anschauen. Trotz gewisser Durchhänger und recht schabloniger Figurenzeichnung habe ich mich etwa dreiviertel der Zeit gut amüsiert.