Humorkritik | April 2016
April 2016
»Der Bonze des Humors ist eine lachende Buddha-Statue, die auf dem Gelände des Parkplatzes beim ›Kaffee Worpswede‹ (Kaffee Verrückt) steht.«
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Moransatire
Man hat es bequem als Komikkonsument dieser Tage, fast alle Stand-up-Programme fast aller Comediens dieses Planeten kann man auf Youtube betrachten. Aber wie machen sich die Herrschaften, wenn man sie mal live vor sich sieht? Dylan Moran z.B., den ich gerade mit seinem neuen Programm »Off the Hook« auf der Bühne sah? Moran ist vierundvierzig Jahre alt und gehört damit laut Eigendefinition zu jener Generation, die leichtfertig das Klima, die Umwelt und die Wirtschaft ruiniert hat, weshalb er sich von den Mittzwanzigern im Publikum gehaßt fühlt: »Sorry – we had a long weekend and it got out of hands!« Sein liebstes deutsches Wort lautet »Kummerspeck«, was er mit »sadness bacon« übersetzt. Und er war bereits in Island, einem Land, das er nicht empfehlen kann, denn dort gebe es nichts, nicht einmal Tratsch – wegen der geringen Einwohnerzahl: »Wenn du dort jemandem erzählen möchtest, hey, weißt du schon das neueste von XY? Dann lautet die Antwort: Ich bin XY. Oder: XY steht hinter dir.«
Nicht Is-, sondern Irland ist die Heimat von Moran, und in seinem aktuellen Programm beschäftigt er sich zu einem guten Teil mit den Unterschieden zwischen den Völkern. Warum es etwa zwischen Griechen und Deutschen dauernd kriselt? Die einen seien eben Philosophen, hätten eine Vorliebe für fröhliche Symposien und wären meistens damit ausgelastet, ihren Hangover zu kurieren. Gut, räumt Moran ein, auch die angeblich so steifen Deutschen würden hin und wieder über die Stränge schlagen und betrunken auf Dächern erwachen, aber: »They planned it twenty-five years before.« Er betrachte sich zwar durchaus nicht als schlank, bestehe aber auf folgender Unterscheidung: »I am European fat! Not American fat! Not like those planets on feet … they could have a monkey hanging on their genitals and wouldn’t even know it!«
Dylan Morans Ausführungen gefallen mir gut, die Grundlagen seiner Witze nicht ganz so: Dicke Amerikaner, überkorrekte Deutsche – Vorurteile dieser Art haben bereits ziemlich struppige Bärte. Schön hingegen – apropos Bärte –, wenn Moran gegen sein Hipsterpublikum giftet und es dafür beschimpft, entsetzliche Coffee-to-go-Variationen erfunden zu haben oder während seiner Vorstellung auf dem Smartphone zu spielen. Daß Moran mich alten Mann und Analogkaffeetrinker damit in der Tasche hat, leuchtet ein.
Im zweiten Part des Abends wird es familiär, was bisweilen leider fast ins Jan-Weiler-hafte ausartet: freche Kinder, sterbliche Haustiere, Vaterqualen. Zum Glück widmet Moran, der ja als misanthropischer Buchhändler der Sitcom »Black Books« einen gewissen kulturbürgerlichen bzw. kulturverächtlichen Habitus mitbringt, einen Teil seiner Aufmerksamkeit aber auch Kunst und Krempel; etwa der Vampirserie »Twilight«: »Teenager, die anderen Menschen den Lebenssaft heraussaugen? Daran ist doch nichts Eskapistisches! Das ist doch bloß die Realität!« Oder seinen Kollegen vom Theater, deren überkandideltes Verhalten er parodiert, indem er begeistert hüpfend die Bühne in Augenschein nimmt: »Oh! Oh! I love this place! I love it! How can we make it smaller and bigger at the same time …?«
Wenn die Familie beim nächsten Mal daheimbleibt, dann sieht mich Dylan Moran bestimmt wieder.