Humorkritik | April 2016
April 2016
»Der Bonze des Humors ist eine lachende Buddha-Statue, die auf dem Gelände des Parkplatzes beim ›Kaffee Worpswede‹ (Kaffee Verrückt) steht.«
www.kultur-teufelsmoor.de
Hotten, forgotten, rotten
In Japan gehört es zum guten Ton, daß die Hinterbliebenen andere Leute mit ihrem Schmerz nicht behelligen und die Urne mit der Asche des teuren Verwandten lieber lachend vorzeigen. Auch in Manila geht man mit dem Tod insofern unbefangen um, als auf dem dortigen Friedhof mit seinen zwei Millionen Gräbern auch gut eintausend Lebende angesiedelt sind, die Läden betreiben und sich abends zum Karaoke versammeln.
Hierzulande herrscht offiziell das Zwillingspaar Tod und Trauer. Doch die Einsicht, daß der Verblichene eine Lücke hinterläßt, die ihn voll und ganz ersetzt, könnte dereinst durchaus zum Allgemeinplatz werden. Schon der klarsichtige Ambrose Bierce spottete im »Wörterbuch des Teufels«, eine Beerdigung sei nichts weiter als »eine pompöse Feierlichkeit, bei der wir unserer Achtung für einen Toten Ausdruck geben, indem wir den Bestatter bereichern und unsere Trauer durch eine Geldausgabe nähren, die unsere Seufzer vertieft und unsere Tränen verdoppelt«; und wenn Bierce beim Stichwort »Sterblichkeit« kühl notiert, sie sei »der uns bekannte Teil der Unsterblichkeit«, dann ist auch der tröstliche Jenseitsglaube soweit erledigt.
Schade bloß, daß beide Zitate im von Roger Shatulin herausgegebenen Bändchen »Der verlachte Tod. Heitere Grabinschriften, Nekrologe und Mementos aus der Weltliteratur« (Manesse) fehlen. Die Lücke, die sie reißen, ersetzt sie durchaus nicht. Noch schader, daß unter den zirka 500 Einzeltexten sich gar zu viele Epitaphe aus Barock und Aufklärung tummeln, in denen hämisch der mausetote Arzt oder das buhlerische, zänkische und endlich dahingeschiedene Eheweib beschrieben werden. Ist es, weil die betreffenden Autoren keine Tantiemen mehr verlangen?
Im Lauf der Lektüre gleichen sich die Texte dann wie ein Häufchen Asche dem anderen. »Resting in pieces« – welche Grabschrift ein namenlos gebliebener Engländer ersann – möchte man der Anthologie fast schon zurufen. Etwelche des Andenkens werte Piecen gibt es aber schon, so der lakonische Nachruf von George Augustus Sala (†1895) auf einen Verleger namens John Camden Hotten: »Hotten / Forgotten / Rotten«; oder der Zweizeiler Johann Christoph Friedrich Haugs (†1829) über »Pilgers letzte Besorgnis«: »Des dummen Wanderns ist auf Erden schon genung. / Bewahre mich, mein Gott, vor Seelenwanderung!« Wie manche Menschen haben manche Zeilen eben doch ein Nachleben verdient.