Humorkritik | September 2015
September 2015
»Dies ist mein wichtigstes Wort an euch: Freude! Seid keine traurigen Menschen.«
Jorge Mario Bergoglio
Dänische Inseldelikatesse
Ich bin seit jeher Fan von Anders Thomas Jensen, sowohl von seinen Drehbüchern als auch von seiner Regie. Sein neuer Film »Men & Chicken« übertrumpft an Komik und Subversivität aber alles, was ich bisher von ihm gesehen habe: Es sind nicht allein die Gags und der Slapstick, durch die der Film beglückt, sondern vor allem, daß hier sämtliche Werte der westlichen Zivilisation – ästhetische, moralische, religiöse, wissenschaftliche – peu à peu und mit großem Genuß zertrümmert werden.
Inhalt des Films ist eine hübsch absurde Frankensteinstory. Auf einer fast menschenleeren Insel voll desolater Gebäude und ramponierter Autos übertreffen einige Brüder einander an Häßlichkeit und Lebensuntüchtigkeit. Man prügelt sinnlos mit ausgestopften Bleßhühnern und Füchsen aufeinander ein, mit Brettern, Nudelhölzern und Gußeisernem. Es stellt sich heraus, daß ihr zeugungsunfähiger, inzwischen toter Vater sie mittels eigens modifiziertem Tiersperma gezeugt und dieses ihren diversen Müttern appliziert hat – die später allesamt bei den von ihm eigenhändig im Hobbykeller durchgeführten Kaiserschnitten verstorben sind. Es handelt sich bei den Brüdern also nicht um Menschen – oder jedenfalls nur zum Teil. Doch der Film endet hoffnungsvoll: Aufgeklärt über ihre wahre Herkunft, treten sie gemeinsam in die Fußstapfen ihres experimentierfreudigen Vaters und werden daraufhin glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Man könnte die Sorge haben, daß das alles etwas zu viel des Irren ist und deshalb nicht gutgehen kann. Tut es aber. Was mir an »Adams Äpfel« und »Dänische Delikatessen« schon gefallen hat, wird hier virtuos fortgesetzt. Ich habe lange nicht mehr so im Kino gelacht.