Humorkritik | November 2015
November 2015
»Jesus lacht nicht, zumindest wird es nicht berichtet. Es steht geschrieben, daß er weint, aber nicht, daß er lacht.«
Martin Mosebach
Anderssons Märchen
Ich kenne nur die letzten drei Filme von Roy Andersson, die er zwischen 2000 (»Songs from the Second Floor«) und 2014 (»Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach«) gedreht hat. »Das jüngste Gewitter« (2007) liegt genau dazwischen. Alle drei sind großartig.
Auf Inhaltsangaben verzichte ich – durchgehende Handlungsstränge nachzuerzählen, wäre nicht nur überflüssig, sondern sinnlos, ja kontraproduktiv. Für einzelne Szenen gilt ähnliches: Inhaltsangaben klängen bestenfalls banal, schlimmstenfalls abstoßend.
Entscheidend für die Wirkung aller drei Filme ist Anderssons verhangene Ästhetik. Seine Erfahrung als Regisseur von Werbespots setzt er konsequent ein und erreicht durch Versatzstücke, die gemeinhin als häßlich gelten, groteske, dabei aber durchaus malerische Effekte. Dunstige Interieurs wie von Vilhelm Hammershøi, bleiche Menschen wie von James Ensor, graue Straßenzüge wie von Michael Sowa. Kurz: Anderssons Schweden sieht aus wie Honeckers DDR, nur nicht ganz so fröhlich.
Eine weitgehend unbewegte Kamera behält meist eine leichte Obersicht, das Personal ist arrangiert wie auf Cartoons. Doch sind diese Arrangements überhaupt komisch gemeint? Oder ist das, was einen gelinde belustigt, nur die schwache Hoffnung, im nächsten Augenblick durch eine Pointe erlöst oder entschädigt zu werden für die Geduld, die man schon aufgebracht hat?
Mir ist das insofern gleichgültig, als ich an entscheidenden Stellen einfach lächeln muß. Die Tristesse und der Symbolismus wären für mich anders kaum zu ertragen. Außerdem wirken viele dieser Szenen auf mich wie Loriot-Sketche, in denen allerdings die Figuren Helge-Schneider-Dialoge absondern. Das alles jedoch extrem verlangsamt und untermalt mit Musik, die bisweilen, wie in Musicals, vom Personal selbst produziert wird, ansonsten oft unpassend wirkt und Sets miteinander verbindet, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben.
Klingt doch aufregend! Oder? Nicht?
Doch.