Humorkritik | März 2015

März 2015

»Clowns sind traurig. ­Es sind die Leute, die über sie lachen.« – »Gut, ich werde ­eine neue Art Clown sein. Ich werde in der Manege stehen und über die Leute ­lachen.«
Harper Lee

Zahnloses Walroß

Besonders große Begeisterung für den amerikanischen Regisseur, Drehbuchschreiber und Produzenten Kevin Smith konnte ich bisher nicht aufbringen. Allzu offensichtlich erscheint mir sein Bemühen, als »Kultfilmer« zu firmieren. Hat mich seine 1994er Religionssatire »Dogma« noch stellenweise erheitert, ließen mich die Komödien um das von ihm geschaffene Slackerduo »Jay und Silent Bob« mehr oder weniger ratlos zurück, und »Cop Out«, seine penetrant schrille Buddy-Farce für die Generation ADHS (2010), habe ich keine zwanzig Minuten ausgehalten.

Mit »Tusk« (kürzlich auf US-DVD erschienen) versucht sich Smith nun am Genre der … ja, was eigentlich? Horrorkomödie? Dramagroteske? Die Geschichte liest sich wie eine Mischung aus »Misery« und »The Human Centipede«: Ein selbstverliebter junger Podcaster (Justin Long) reist für ein Interview nach Kanada, trifft dort auf einen so faszinierenden wie exzentrischen Abenteurer im Ruhestand (Michael Parks als Gewinner des Bryan-Cranston-Ähnlichkeitswettbewerbs), wird von diesem betäubt, gefangengehalten und peu à peu – in ein Walroß umoperiert. Seine Freundin und sein Kumpel machen sich auf die Suche nach ihm und erhalten dabei Hilfe von einem frankokanadischen Ermittler (Johnny Depp mit – welche Überraschung – schrulliger Verkleidung und lustigem Akzent).

Man kann nicht sagen, »Tusk« (dt.: »Stoßzahn«) sei weder Fisch noch Fleisch. Es ist Fisch und Fleisch zugleich – zusammengematscht zu einem geschmacklosen, zähen Gulasch. Wenn man von der Grundidee der Robbentransformation absieht, gibt es praktisch keinen einzigen Lacher. Auch Schockmomente oder wenigstens erinnernswerte Ekelszenen fehlen, und nicht ansatzweise schert man sich um die farblosen Charaktere. Als mißraten ragen auch die Dialoge heraus; gerade die Szenen mit Johnny Depp sind von quälender Länge und Redundanz.

Warum »Tusk« so schlecht ist? Für eine Antwort auf diese Frage sollte man seine Entstehungsgeschichte kennen. Kevin Smith betreibt seit einigen Jahren, wie der Held seines Films, einen erfolgreichen Podcast. In Folge 259 dieser »SModcast« genannten Audioreihe kamen Smith und sein Co-Host auf die Kleinanzeige eines Hausbesitzers zu sprechen, der potentielle Mieter kostenlos bei sich aufnehmen würde, wenn diese sich als Walroß verkleideten. Im weiteren Sendungsverauf sponnen die Radiomacher eine Geschichte um dieses bizarre Fundstück und fabulierten schließlich über deren Filmtauglichkeit. Und Smiths nicht kleine Fanbasis gab grünes Licht.

Daß im Übereifer des Phantasiegefechtes schon mal Schnapsideen entstehen, die man besser auf die Halde schafft, weiß eigentlich jeder. Nur Kevin Smith nicht: Selbst nach dem desaströsen Einspielergebnis von »Tusk« ließ er wissen, dies sei erst der Auftakt einer »True North« geheißenen Trilogie gewesen. In Teil 2 soll es um Monster aus dem Erdreich gehen, Teil 3 wird als »Moose Jaws«, also »›Der Weiße Hai‹ mit Elchen« angekündigt. Danke, aber ohne mich.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

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Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella