Humorkritik | März 2015
März 2015
»Clowns sind traurig. Es sind die Leute, die über sie lachen.« – »Gut, ich werde eine neue Art Clown sein. Ich werde in der Manege stehen und über die Leute lachen.«
Harper Lee
Der talentierte Mr. Tenenbom
Mit »Allein unter Deutschen« ist ihm ein Bestseller geglückt, und auch sein zweites Buch, »Allein unter Juden«, ist zumindest in Israel bereits ein Kassenknüller: Tuvia Tenenbom, Zeit-Autor, Theatermacher und beißender Chronist des alltäglichen Antisemitismus, ist innerhalb kürzester Zeit zum schreibenden Superstar geworden. Und das, obwohl seine Bücher den Lesern keineswegs die Seele streicheln. Bewies sein Erstling mit unbarmherzigem Witz, daß noch in den alleraufgeklärtesten Kreisen, noch unter Ministerpräsidenten und Gedenkstätteninhabern der wilde Judenwahn blüht, so zeigt er im Folgeband, wie die Europäische Union, allen voran Deutschland, über NGOs und Stiftungen Holocaustleugner und Todfeinde Israels päppelt und versorgt.
Stets tut er das in einer charmant-lakonischen, pointenreichen Sprache, und seine Erlebnisse sind hochkomisch aufbereitet. Doch gibt es auch TITANIC-Kollegen, die sich fragen, ob Tenenbom damit eigentlich Satire betreibt. Ich sage dazu: Egal. Es reicht nämlich schon, daß er den besseren Journalismus macht. Er spricht mit allen, auch mit den grauenvollsten Leuten, nimmt sich Zeit, läßt sich nicht langweilen und nimmt seine Gesprächspartner ernster als die sich selbst. Damit gelingt es Tenenbom, das Schlechteste in ihnen zum Vorschein zu bringen – ohne sie aufs Glatteis zu führen, ohne umständliche Legenden oder Verkleidungen, nur, indem er sie reden läßt und ganz einfache Fragen stellt.
Süddeutsche und FAZ, die sonst noch dem letzten Mist hinterherstapfen, der’s irgend auf die Bestsellerliste schafft (und sei es nur, um von einem »Phänomen« faseln zu können), fassen diesen Starautor indes nur mit spitzen Fingern an. Veranstalter und Verlage ergehen sich in den absurdesten Begründungen, warum sie ihn nicht ins Programm nehmen können. Ist das alles Satire? Ich weiß es nicht. Aber es ist auf jeden Fall sehr, sehr komisch. Und Tenenbom der Journalist, den dieses Land gebraucht hat.