Humorkritik | Februar 2012
Februar 2012

Schrecklich unamüsant
Was früher Weihnachten war, ist heute die Kreuzfahrt: ein willkommener Anlaß für Verlage, allerhand Flachsinniges zum Thema zu veröffentlichen, weil Weihnachts- und jetzt wohl auch Kreuzfahrtbücher immer gut gehen. So hofft man. Von Andreas Lukoschik, der Ende der Achtziger mal das Fernsehmagazin »Leo’s« moderierte, hat man lange nichts gehört. Damit konnte ich gut leben. Wahrscheinlich war er auf Kreuzfahrten, um Launiges vorzulesen. Reeder bzw. Kreuzfahrtveranstalter setzen auf Schiffsreisen nämlich gerne Bordunterhalter ein, um die kreuzlangweilige Rumkreuzerei für das notorisch apathische Publikum ein wenig erträglicher zu machen. Nun veröffentlicht Lukoschik bei Kiepenheuer & Witsch ein »Kreuzfahrt-ABC«, um bei künftigen Kreuzfahrten daraus vorlesen zu können. Und gesellt sich damit zu so bedeutenden Literaten wie Christoph Maria Herbst (»Ein Traum von einem Schiff«) oder Matthias Politicky (»In 180 Tagen um die Welt«), die ebenfalls auf Kreuzfahrt waren, um dort vorzulesen, um später daraus ein Buch zu machen, aus dem sie dann auf Kreuzfahrten vorlesen können.
Daß Lukoschiks Buch Originelles bereithält, ist nicht zu befürchten, denn schon der Titel (»Schläft das Personal auch an Bord?«) ist geklaut. Er findet sich in David Foster Wallaces Kreuzfahrtbericht »Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich« (TITANIC 11/2003), der deswegen so komisch ist, weil er kein launiges Kreuzfahrtbuch ist, sondern eine hochenervierte, punktgenaue soziologische Studie: »Ich habe erfahren, wie Sonnenmilch riecht, wenn sie auf 21 000 Pfund heißes Menschenfleisch verteilt wird. Ich bin in drei Ländern mit ›Mään‹ angeredet worden. Ich habe 500 amerikanischen Leistungsträgern beim Ententanz zugeschaut (…) Ich habe erwachsene US-Bürger aus dem gehobenen Mittelstand gehört, erfolgreiche Geschäftsleute, die am Info-Counter wissen wollten, ob man beim Schnorcheln naß wird, ob Skeetschießen im Freien stattfindet, ob die Crew ebenfalls an Bord schläft oder um welche Uhrzeit das Midnight-Buffet eröffnet wird.«
Die Qualität dieses Textes hat auch schon der Schriftsteller Peter Haff erkannt, als er sich gleich seitenweise bei Wallace bediente (TITANIC 6/2007). In Lukoschik hat er nun einen unwürdigen Nachfolger gefunden.