Humorkritik | April 2009
April 2009
Dreckskomödie
Wenn ein Film mit acht Oscars ausgezeichnet wird – darunter die wichtigsten: bester Film und Schnitt, beste Regie, Kamera und Musik –, ist das genausowenig ein Qualitätsbeweis wie etwa der Nobelpreis für Literatur. In manchen Jahren fehlt die Konkurrenz, in anderen versucht die Academy, Versäumtes wiedergutzumachen, zumal deren Mitglieder – überwiegend Schauspieler – Kollegen favorisieren, die selbst produzieren und Regie führen. In diesem Jahr war die Konkurrenz ansehnlich, mit David Fincher ein guter Regie-Kandidat am Start, und auch der chronisch überschätzte Clint Eastwood hatte eine ambitionierte Produktion im Rennen.
Daß trotzdem der richtige Film gewonnen hat, ist da schon ein kleines Wunder: »Slumdog Millionaire«. Das hat mich gefreut, denn trotz aller Melodramatik, trotz aller Sozialkritik, trotz aller geradezu mittelalterlichen Grausamkeiten, die indische Slums so unwirtlich machen, fällt der Film in mein Fach. »Slumdog Millionaire« ist nämlich im wesentlichen eine Komödie, was spätestens das perfide operettenhafte Ende deutlich macht.
Aus der Grundidee ergibt sich eine klare Komödienstruktur: Ein Junge aus den Slums räumt bei der indischen Version von »Wer wird Millionär« den Maximalgewinn ab – woher er die Antworten weiß, das wird so rasant erklärt, daß sogar noch Zeit für eine Liebesgeschichte bleibt. Ein Film also, der spannend und komisch, originell und ansehnlich, intelligent und ambitioniert ist. Das grenzt nicht nur ans Wunderbare – hier wird’s sogar Ereignis.