Inhalt der Printausgabe

Mai 2004


Humorkritik
(Seite 7 von 8)

Wenn man Guest luest

Christopher Guest ist mit der Schauspielerin Jamie Lee Curtis ("Ein Fisch namens Wanda") verheiratet, was ja schon eine schöne Leistung ist, aber auch als Komiker hat Christopher was geleistet. Nach frühen Jahren am Broadway und bei der amerikanischen Satire-Zeitschrift National Lampoon traf Guest auf Rob Reiner ("Harry & Sally"), mit dem er "This is Spinal Tap" schuf - diese Parodie auf eine "Rockumentation" aus dem Jahre 1983, übrigens kürzlich erstmals auf DVD bei MGM erschienen, ist die Mutter aller Dokumentarfilmparodien: Wirkungen zeigen sich bis in die Gegenwart, zum Beispiel bei der in dieser Rubrik schon hinreichend gelobten BBC-Komödie "The Office".
Guest spielt in "Spinal Tap" den Gitarristen Nigel Tufnel (das ist der, dessen Verstärker bis elf geht), später arbeitete er auch als Regisseur; unter anderem inszenierte er den Film "The Big Picture", eine einigermaßen witzige Parabel auf Erfolgsmuster in Hollywood. Doch am wohlsten fühlt sich Guest bei der "Tap"-Methode: mit einem Team aus kompetenten Mitstreitern nach einem Treatment eine Filmhandlung zu improvisieren, die dann wie ein dem Leben abgelauschter, leicht verwackelter Dokumentarfilm aussieht.
In "Waiting for Guffman" geht es um eine Gruppe Provinzler, die sich bei einer Theaterinszenierung in Starillusionen verliert, in "Best in Show" um Hundezüchter und ihre Lieblinge. Das jüngste Werk "A Mighty Wind" widmet sich der Folkmusik-Szene.
In diesen Filmen kreiert, inszeniert und spielt Guest, wenn man ihn läßt - verkürzt könnte man sagen: Es ist wie Autorenfilm, nur eben viel, viel lustiger. Guest filmt mit Vorliebe Typen, deren Intellekt ausreicht zu erkennen, daß ihr irdisches Dasein jammervoll ist, die aber in der Regel nicht begreifen, daß der von ihnen gewählte Ausweg (Ruhmsucht oder der Wunsch, als "Künstler" anerkannt zu werden) in eine noch dunklere und trostlosere Sackgasse führt.
In die großen Filmtheater hat es keiner der letzten Guest-Filme geschafft, selbst in Programmkinos ist er kaum zu sehen. Wer aber in seiner Stadt eine cineastische Videothek hat, sollte dort auf die oben erwähnten Werke stoßen und sich davon überzeugen können, daß die Ignoranz, die Guest bis heute entgegenschlägt, allemal unangebracht ist.



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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Grunz, Pigcasso,

malendes Schwein aus Südafrika! Du warst die erfolgreichste nicht-menschliche Künstlerin der Welt, nun bist Du verendet. Aber tröste Dich: Aus Dir wird neue Kunst entstehen. Oder was glaubst Du, was mit Deinen Borsten geschieht?

Grüße auch an Francis Bacon: Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 No pain, no gain

Wem platte Motivationssprüche helfen, der soll mit ihnen glücklich werden. »There ain’t no lift to the top« in meinem Fitnessstudio zu lesen, das sich im ersten Stock befindet und trotzdem nur per Fahrstuhl zu erreichen ist, ist aber wirklich zu viel.

Karl Franz

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg