Inhalt der Printausgabe
Mai 2004
Humorkritik
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Heinz solo |
Drei Veranstaltungen gibt es in der multiethnischen BRD, auf denen die Deutschen regelmäßig unter sich sind: die Bundes- und Landtagswahlen, "Wer wird Millionär?" und die Bühnenauftritte Gerd Dudenhöffers als Heinz Becker. Das Auditorium seiner Auftritte besteht ausschließlich aus Muttermilchdeutschen. Soziologisch gewendet: aus den mittleren drei Fünfteln der Gesellschaft, wo sich Fremdenfreundlichkeit und Zuwanderungsskepsis die Waage halten. Auf dieses bisweilen labile Gleichgewicht sind die stärksten Becker-Pointen berechnet. Denn der Mann aus dem Saarland ist ein höflicher Mensch: Er hätte Hemmungen, anwesende Eingewanderte mit Ausländerwitzen in Verlegenheit zu bringen. Rein unter Eingesessenen aber nimmt sich Dudenhöffers komisches Vermögen so gut wie alles heraus. Meine Lieblingsfrechheit aus seinen letzten sechs Soloprogrammen ist die Sequenz von den zwei Jugendlichen, die einen Holländer zusammengeschlagen haben. (Publikum wird still.) Ei, sie hätten geglaubt, fährt Heinz Becker fort, es wäre ein Türke gewesen. (Publikum erschrickt, vereinzelte Lacher.) Der Vater des einen jungen Mannes hätte sich damals "furchtbar aufgeregt" (Publikum fühlt sich hörbar entlastet und erwartet die Verurteilung der Tat): "Da guckt man!!" Und freilich: So richtig frei auflachen über Ausländer-(Behinderten-, Schwulen-) Witze kann ein mit Rest-Anstand versehener Zuhörer nur dann, wenn aus diesem Personenkreis niemand anwesend ist. Womit ich nicht sagen will, daß Dudenhöffers seit rund zwanzig Jahren überwiegend gelungene Solo-Programme (das aktuelle, "Null und richtig", eingeschlossen) sich vornehmlich der landsmannschaftlichen Geschlossenheit seines Publikums verdanken. Durchdachter Aufbau, Disziplin bei der Vorbereitung, Geistesgegenwart auf der Bühne und ein hinreichendes Quantum an Pointen sind es, die mich ihn heute loben lassen. Wobei ich letzteres, dies zum Tadel, in "Familie Heinz Becker" zunehmend vermisse. |
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