Inhalt der Printausgabe
Mai 2003
Humorkritik
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Ubu |
Es dürfte keine halbe Woche her sein, da empfahl mir der verständige Bernd Rauschenbach "Die Passion als Bergrennen" von Alfred Jarry, erstmals erschienen in der satirischen Zeitschrift Le Canard Sauvage, 1903; dies sei ein sehr krachend-moderner Text, den man gut und gerne auch auf den benachbarten Seiten dieser meiner Rubrik lesen könnte. Alfred Jarry (1873-1907), klar, der Ihnen als Verfasser von "Ubu Rex" geläufig ist, dem Theaterstück über den zappelig-zynischen König Ubu, der bei jeder Gelegenheit "Hornzackwumme" schreit, das Stück mit den drei lustigen Gehorsamsverweigerungsspezialisten. Wie so oft mit humoristisch reich begüterter Literatur, gibt es auch hier nur eine winzige Werkausgabe ("Ubu. Stücke und Schriften") bei Zweitausendeins in zartem Schweinchenschlaurosa, für die ich auf der Stelle Kaufbefehl erteile. Bei der Vertiefung meiner Ubu-Eindrücke fiel mir dann die amerikanische Rockcombo Père Ubu auf. Zunächst hat sich diese Combo tatsächlich nach Alfred Jarrys Ubu benannt, ferner erleben und genießen die Hörer seit 1975 eine eigenwillig verdromselte Aufführungspraxis, die in ihren absurden und Nonsenskapriolen zwischen Hühnerstall, Punk und Freejazz ihresgleichen sucht und allenfalls Vergleiche zum frühen Frank Zappa oder Captain Beefheart zuließe. André Gide berichtet über Alfred Jarry, er habe bizarr und ohne Modulation gesprochen und gleichzeitig ein bis zur Schmerzgrenze affektiertes Verhalten an den sonnigen Tag gelegt. David Thomas, dem tonnenschweren Sänger und Kopf der Combo Père Ubu, gehörte ähnliches nachgesagt. Besonders sein grotesk wankelnder "Gesang" macht fast jede der scheinbar chaotischen Père Ubu-Pretiosen (Tip: "The Modern Dance", 1977, mit den schönen Liedern "Laughing" und "Humor Me", und "Dub Housing", 1978) zu nicht geringen Herausforderungen an Geduld und Humorverständnis. Und wie so oft bei humoristisch wirklich reich begüterter Musik muß man die Platten (zuletzt erschienen: "St. Arkansas", 2002) fast mit der Lupe suchen. Das verdienstvolle Glitterhouse-Label annoncierte neulich sogar einen erheblichen Teil seines Programms inklusive Père Ubu- und David Thomas-Solo-CDs als Sonderangebot. Dagegen müssen wir einschreiten, verehrte Leser und nunmehr Ubu-Rex- und Père-Ubu-Freunde. Kaufen Sie, was das Zeug hält, und reden Sie mit Ihren Freunden darüber. |
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