Inhalt der Printausgabe

Mai 2003


Humorkritik
(Seite 3 von 7)

Good Bye, "Good Bye Lenin!"

Aus Berlin, Hauptstadt der DDR, schreibt mir Benjamin Schiffner: "Heftigen Widerspruch einlegen muß ich gegen Ihre allzu freundliche Notiz zum bestverkauften deutschen Film seit langem. Schon der Ansicht, daß es sich dabei um eine halbwegs gelungene Komödie handelt, mag ich kaum folgen, dazu wird das komische Potential, welches der mäßig originellen Grundidee innewohnt, viel zu halbherzig ausgespielt. Zum wirklichen Ärgernis aber wird der Film aus einem ganz anderen Grund, wegen der ungeheuren Sentimentalität, mit der hier eines mit dem 9.11.1989 unweigerlich untergegangenen Staatswesens gehuldigt wird: der alten Schnarchtante Bundesrepublik. Denn um die DDR geht es in diesem überlangen Ausstattungs- und Kostümschinken nur am Rande.
Vielmehr geht es darum, ein DDR-Klischeebild als Realismus zu maskieren, das in Wahrheit essentieller Bestandteil einer ehemaligen bundesdeutschen Wirklichkeit ist. Will sagen: Wo man sich neben der eigenen Normalität keine andere vorstellen kann, muß es einem zwangsläufig ungeheuer lächerlich erscheinen, daß Menschen Tempo-Linsen essen und Trabant fahren - statt sich wunderbare Snickers und VW Käfer reinzupfeifen. Dieser ahnungslos gaffende Blick von außen auf das scheinbar völlig Andere bettet den Zuschauer (ehemals West) in eine behagliche Nest-, ja Westwärme, weil ihm suggeriert wird, daß es dieses ›Außen‹ noch gibt. Selige Zeiten, in denen man sich über die Vorstellung einer - absurd, absurd! - Massenmigration Richtung DDR noch erheitern konnte! Und genau diese heile Welt baut der Filmemacher W. Becker - wie im Film der Sohn für seine Mutter - für den Zuschauer (ehemals West) wieder auf. Besonders komisch ist das nicht, aber es wirkt psychologisch ungemein beruhigend in Zeiten wie… na, Sie haben selbst einen Fernseher.
Als Zuschauer (ehemals Ost) muß man sich solchen infantilen, feigen und staatstragenden Quatsch natürlich nicht angucken; man hat schließlich 40 Jahre lang genug davon erdulden müssen."


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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg