Inhalt der Printausgabe
August 2003
Humorkritik
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Wischmeyer revisited |
Mit ein paar überraschenden Fremdwörtern aufgehübschtes Gymnasiastengewitzel, das aber immer wieder den kleinbürgerlichen Selbstekel durchscheinen ließ - so kannte ich meinen Dietmar Wischmeyer aus seinen beiden Logbüchern "Eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten" und "Eine zweite Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten" (Ullstein 1997 und 1999). Neu ist - weniger bei Folge 3 "Das Paradies der Bekloppten und Bescheuerten" (2000) als bei Folge 4 "Das Schwarzbuch der Bekl…" (2002) jaja, schon gut, nach drei Mal kann man es wirklich nicht mehr lesen - neu ist: Es hat sich hie und da ein approximativ aufklärerischer Impetus eingeschlichen. Der Ullstein Verlag hat - vermutlich auf mein öffentliches Anraten hin (vgl. TITANIC 4/98) - sein "komplett gegen den Schrank gelaufenes" (O. Kalkofe) Sublabel/Imprint "fun factory" eingestellt. Ergebnis: auf den Coverphotos bohrt Wischmeyer nicht mehr albern in der Nase, die Jeansjacke hat er durch feineres Tuch ersetzt, und der GTI-Schnäuzer ist einem Walter-Ullstein-, äh, Ulbricht-Bart gewichen. Und im Schwarzbuch stehen mittlerweile einige richtige Texte, die das ermüdend Beschimpfende bundesweit hinter sich lassen und stattdessen von einem unüberlesbar resignativen Ton durchweht werden. Etwa: "Die Natur, der alte Faschist, interessiert sich einen Dreck für das Glück des Individuums; einziges Ziel ist die Weiterführung des Schlamassels in der nächsten Generation." Stimmt doch. Obwohl nach wie vor schreckliche Tempus- und Kommafehler den Text beherrschen, spüre ich doch, daß Wischmeyer zu Lasten seiner Baumarktkonversation vorrangig am Text arbeitet und dann erst eine gelegentlich schon glückende Witzigkeit von der Leine läßt. Von einer wirklich guten Satire aber sind seine Elaborate selbstverständlich noch drei Millionen Druckzeichen entfernt. |
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