Inhalt der Printausgabe
August 2003
Humorkritik
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Dave Barry |
Der Humorist und Kolumnist Dave Barry ist in den Vereinigten Staaten sehr erfolgreich. Für seine Kommentare zur Iran-Contra-Affäre erhielt er 1988 den Pulitzer-Preis, seine Kolumnen im "Miami Herald" werden in etwa fünfhundert Zeitungen nachgedruckt (wenn man am Wochenende in einem Flugzeug unterwegs und des Englischen mächtig ist, kann man sie auch in der Samstagsausgabe der International Herald Tribune lesen). Ferner wurde eine Sitcom kreiert, die sich an seiner Person "orientiert". Barrys erster Roman "Big Trouble" (deutsch "Jede Menge Ärger", bei Eichborn) kam an die Spitze der US-Bestseller-Liste und wurde verfilmt. Inzwischen ist ein zweiter Roman erschienen ("Tricky Business"). Barry schrieb knapp zwei Dutzend "Sachbücher", kassiert Vortragshonorare in fünfstelliger Höhe, außerdem startet er alle Jahre wieder die Kampagne "Dave for President". Motto: "Endlich Schluß mit Führungsstärke". Die New York Times nennt ihn "den lustigsten Mann Amerikas". Das ist natürlich eine Übertreibung, denn der lustigste Mann Amerikas ist immer noch Madeleine Albright. Dennoch ist es verwunderlich, daß Barry in deutschen Bücherregalen so selten ist. Sein zuletzt in Deutschland erschienenes Buch "Die Achse des Blöden" schaffte es kurzzeitig in die Top 50; aber das lag wohl eher daran, daß Bücher, die sich dem Amerika-Bashing widmen, heuer en vogue sind. Verglichen mit anderen Bestseller-Importen wie John Grisham (Thriller), Stephen King (Horror) oder Nicholas Sparks (Schnulze) schneidet Barry geradezu erbärmlich ab. Das scheint auf den ersten Blick eine große Ungerechtigkeit zu sein. Dave Barry kann schreiben, und er hat einen Blick für Themen. Egal ob New Economy, Beziehungskisten, Computer - Barry hat vieles als erster veralbert. Darüber hinaus hat Barry unbestritten Humor, aber dann fangen die Probleme auch schon an. Dave Barry scheint immer zu schwanken, ob er nun Satiriker oder Witzbold sein will. Zum einen juckt es ihn, allenthalben Absurditäten und Idiotien zu geißeln, dann aber wieder - und wenn man Pech hat im selben Absatz - möchte Barry wieder ein Teil der schweigenden Mehrheit sein, die davon ausgeht, daß sie den gesunden Menschenverstand gepachtet hat. Deshalb konzentriert er seine Attacken auf Objekte, bei denen er sich des Applauses seines liberalen Mittelstandspublikums sicher sein kann. Mit erwartbarer Regelmäßigkeit geht es gegen die Regierung, das Finanzamt, die schnöseligen Europäer (Franzosen) und dumpfe Rednecks. In ihren schlechten Momenten sind Barry-Kolumnen so vorhersehbar, daß es inzwischen Internet-Seiten gibt, die nach Eingabe einiger Stichworte automatisch Dave-Barry-Kolumnen generieren. Hinzu kommt, daß Barry zur "Baby-Boomer-Generation" gehört, den Leuten also, die glaubten, mit Clinton die Macht im Lande zu übernehmen, und nun erkennen müssen, daß sie eher die Rolle eines Pausenclowns innehatten. Wenn man derartig marginalisiert wird und trotzdem kommerziell erfolgreich sein will, macht man am besten die Klappe nur auf, wenn das Risiko überschaubar ist. So bleibt leider am Ende ein Talent, welches sich verplempert und hierzulande die Popularität hat, die es verdient. Schade eigentlich. |
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