Inhalt der Printausgabe
August 2003
Humorkritik
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Schulmäßige Satire |
Gehen wir mal davon aus, es sei korrekt, Satire zum Beispiel als "mißbilligende Darstellung und Entlarvung des Kleinlichen, Schlechten, Ungesunden im Menschenleben" (G. v. Wilpert) zu verstehen, dann muß diese Definition auf Markus Orths' lehr- und lustreichen Roman "Lehrerzimmer" (Schöffling & Co.) zunächst noch nicht unbedingt zutreffen, denn der handelt vom Ungesunden im Lehrerleben. Einigen wir uns aber darauf, auch Schulmeistern einen Menschenstatus zuzubilligen, steht einer Orths-Verortung als einem sogar Modellfall von Satiriker nichts mehr im Wege. Denn Orths führt ein fürwahr kleinliches und schlechtes Pädagogenpanoptikum satireschulmäßig entlarvend und eindeutig mißbilligend vor, vor allem aber ist seine Darstellung empirisch fundiert und sehrsehr witzig. Wie eine arme und aussichtslos in ein totalitäres Wahnsystem verstrickte (und wieder mal muß der Vergleich sein:) Kafka-Sau gerät Studienassessor Kranich in ein Kollegium abnormer (d.h. stinknormaler) Bildungswesen, die sich neurotisch, ängstlich und verlogen in infantilen Kämpfen mit "Kreativitätsbewertungskriterienerstellungskommissionen", Schulaufsichtsbehörden, Schulbuchvertretern und vor allem dem Big-Brother-(Orwell, nicht RTL II)-entlehnten Rektor aufreiben und selbst den ehelichen GV in 45-Minuten-Einheiten mit integriertem Methodenwechsel durchnehmen, anstatt sich, beamtenbrav ihrem wohldotierten Bildungsauftrag folgend, für Didaktik oder Inhalte zu engagieren. Oder gar für ihre Schüler. Ein ganz realistisches Sachbuch also - wär's nicht so spaßig und absurd. Ab damit auf den nächsten Lehrplan! Und schöne Ferien auch. |
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