Inhalt der Printausgabe
Dezember 2002
Humorkritik
(Seite 7 von 7)
Launiges Österreich |
Vor mir liegt eine Neuerscheinung aus dem Salzburger Residenz-Verlag, die werde ich jetzt live und vor aller Augen rezensieren. Astrid Wintersberger heißt die Herausgeberin, "lach-dichter: launige lyrik aus österreich" das Buch, und schon bin ich unschlüssig, was ich abschreckender finden soll: die affig-affektierte Kleinschreibung, die untrüglich auf künstlerisch wertvolle, ergo extraöde Gedichte verweist; das im Gegenteil Karnevalistisches befürchten lassende Attribut "launig"; oder die lustig übers Cover hüpfenden, rot und gelb leuchtenden Buchstaben des Titels. Schaunmermalrein: Ziemlich viel Jandl, dessen Gedichte, wie man auch hier wieder gut sehen kann, zum Großteil völlig unkomisch sind. Das "leben eines q-hirten" rollt über volle sechsundzwanzig Zeilen stur mechanisch ab: "z euter/ y euter/ x euter/ w euter" und so weuter, und mit dem komplett überraschungsfreien "a euter" ist die Seite auch schon voll. Ach je, die Wiener Gruppe. Und da kommt auch schon H.C. Artmann: "batman und robin/ die liegen im bett,/ batman ist garstig/ und robin ist nett.// batman tatüü/ und robin tataa,/ raus aus den federn,/ der morgen ist da!" Ja, da lacht die Grundschulklasse. Oder Friedrich Achleitner: "dai gsichd/ und/ mai gichd// a da fria// und dai graiz/ und mai gnia// owa sschded hoed/ dafia". Wie nennt man das nun wieder? Zeilenschinderei? Heimatlyrik? Konkrete Poesie? Schnell weiter… Grundgütiger, das wird ja immer launiger hier! Lachen mit Christian Futscher: "apokalypse//die in den bus/ drängenden/ drängten/ die aus dem bus/ drängenden/ ins innere des busses/ zurück". Also, entweder hat die Herausgeberin ohne Ansehen von komischem Potential und literarischer Qualität einfach alles zusammengepackt, was ihr auf die Schnelle unter die Finger kam, oder der Österreicher als solcher ist grundsätzlich nicht in der Lage, komisch zu dichten. Gegen den zweiten Verdacht sprechen die überaus robusten, auch nach knapp fünfzig Jahren noch immer ansehnlichen Kabarettlieder von Gerhard Bronner sowie ein Zweizeiler, der zwar nicht ausreicht, um mich mit der Auswahl zu versöhnen, dem ich aber wenigstens meinen einzigen Lacher der vergangenen Stunde zu verdanken habe. Das Gedicht stammt von Andreas Okopenko, heißt "Angeber" und geht so: "Wenn ich an mein Glied faß/ denk ich an Herrn Litfaß." Und ganz zuletzt nickte ich einmal zustimmend, als ich auf der Rückseite des Buchumschlags folgenden Satz las: "launige lyrik ist mitunter auch lausige lyrik, aber lachen läßt sie uns doch." Das stimmt - immerhin zur Hälfte. |
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