Inhalt der Printausgabe
Dezember 2002
Humorkritik
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Städtebeschimpfungen beschimpfen? |
Auf den ersten und flüchtigen Blick erwartungsgemäß treffliche und zufriedenstellend boshafte Verunglimpfungen (freilich unterschiedlicher Qualität) diverser Menschenansiedlungen rsp. "Boshafte Berichte und Schmähungen von Aachen bis Zürich" vereinen die Viel-und-Alles-Sammler-und-Herausgeber Walter und Eva Krämer in ihrem gerade erschienenen "Lexikon der Städtebeschimpfungen" (Eichborn), wobei ausgerechnet Thomas Manns knappe Athen-Ignorierung ("Ich war dort") den nachdrücklichsten Eindruck hinterläßt. Nachdrücklich aber auch der Eindruck, das Buch verdanke seine Ursprungsidee Jürgen Roth/Rayk Wielands kaum zu toppendem zweibändigen Werk "Öde Orte" (Reclam Leipzig). Was nicht nur dem Untertitel ("von Aachen bis Zwickau" bei Roth/Wieland Bd. 1), sondern auch dem via Umschlag annoncierten Versprechen, das Lexikon enthalte "Erinnerungen an grausame Städte und (sieh an!, H. M.) öde Orte", zuzuschreiben ist. Krämer/Krämers Schimpfsammlung als Plagiat zu denunzieren, scheint hingegen ungerecht, juristisch nicht haltbar und gänzlich gemein (weshalb ich das auch erst mal unterlasse), weil sie als Lexikon einen grundsätzlich anderen Weg einschlägt als die Original-Essays der "Öden Orte". Die trotzdem durchweg schärfer, ertragreicher und origineller sind. Fanden wohl auch Krämer/Krämer. Und übernahmen zahllose Zitate aus dem Vorbild. Ohne Quellenangabe. Und aus Internet und Zeitungen. Ohne Autorenangaben. Und pfuschten vieleviele Fehler in ihr Machwerk. Ohne mal genauer nachzugucken. Und ließen's schnell von Eichborn drucken. Ohne Skrupel. Und sehen sich nun doch von mir beschimpft. Vermutlich ohne Konsequenzen. |
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