Inhalt der Printausgabe

März 2001


Humorkritik
(Seite 5 von 8)

Einiges über den Spanier

Ein Essay, der mal geschrieben werden müßte, sollte den, meine ich, zwingenden, den bezwingenden Titel "Der schwere Stand des Spaniers in der Weltliteratur" tragen. Warum? Weil ich nicht nur gerade beim stellenweise sehr schön wirren und komischen Christian D. Grabbe, in dessen neben "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" geratensten Stück, "Don Juan und Faust", äußerst kompakte Ausfälle z.B. gegen "nun echte spanische Manieren" lesen konnte und Ereiferungen wie "Er ist ein Narr, wie die Spanier alle" oder "Hört, die Ballmusik, wie bestialisch, wie spanisch!"; sondern auch, weil schon Egon Friedell, uns zum Heidenspaß, seine "Kulturgeschichte der Neuzeit" mit kraftvollen Schmähungen des Iberers spickte.
Philipp der Zweite? "Es läßt sich die Frage aufwerfen, ob dieser Herrscher nicht bis zu einem gewissen Grade geistesgestört war. Sein Sohn Don Carlos war es zweifellos; ebenso seine Großmutter Johanna, die erste Königin des geeinigten Spanien, genannt die ›Wahnsinnige‹." Philipp, das "Untier" mit dem "subalternen Tretmühlenfleiß des Kanzlisten" und von "zähflüssiger Schneckenhaftigkeit", trieb "die Kunst der Heuchelei, die er als Spanier in vollendetem Maße beherrschte", so weit, daß er "eine Nation von Lakaien, Spionen und Vagabunden" bildete. "In Philipp", paukt Friedell crescendo, "hat nicht nur das habsburgische, sondern auch das spanische Wesen eine seiner stärksten und absurdesten Zusammenfassungen erfahren. Der spanische Hidalgo ist bigott: Philipp war fanatisch; er ist rücksichtslos und brutal: Philipp ging über Leichen; er betrachtet sich als höheres Wesen: Philipp hielt sich für einen Gott." Neben "unsinnige Verbohrtheit, blinde Gier und unmenschliche Roheit" treten des Spaniers "Hang zur Faulheit und Genußsucht" und die "gespreizte Bigotterie" in allen anderen Lebensfragen und -lagen, etwa modischen Belangen. Die Damen "tragen Schnürleibchen, die die Brust verflachen, und ausgesteifte oder auf Draht gezogene tonnenförmige Reifröcke, die den ganzen Unterkörper unsichtbar machen".
Dagegen wirkt Casanovas Verdikt: "Die Männer dieses Landes sind im allgemeinen eher häßlich als schön" wahrlich recht zahm und lahm. Wer kennt weitere zupackende Spanierattacken? Oder sonstige griffige Ethnonachreden - für eine doch gebotene, überzeitlich-zeitgemäße Enzyklopädie der heute augenscheinlich allenthalben "verrückten Völker" (P. Köhler)?




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Clever, »Brigitte«!

Du lockst mit der Überschrift »Fünf typische Probleme intelligenter Menschen«, und wir sind blöd genug, um draufzuklicken. Wir lernen, dass klug ist: wer mehr denkt, als er spricht, wer sich ungeschickt im Smalltalk anstellt, wer sich im Job schnell langweilt, wer sich mit Entscheidungen schwertut, wer bei Streit den Kürzeren zieht und wer ständig von Selbstzweifeln geplagt wird.

Frustriert stellen wir fest, dass eigentlich nichts von alledem auf uns zutrifft. Und als die Schwachköpfe, die wir nun einmal sind, trauen wir uns fast gar nicht, Dich, liebe Brigitte, zu fragen: Waren das jetzt nicht insgesamt sechs Probleme?

Ungezählte Grüße von Deiner Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hello, Grant Shapps (britischer Verteidigungsminister)!

Eine düstere Zukunft haben Sie in einem Gastbeitrag für den Telegraph zum 75jährigen Bestehen der Nato skizziert. Sie sehen eine neue Vorkriegszeit gekommen, da sich derzeit Mächte wie China, Russland, Iran und Nordkorea verbündeten, um die westlichen Demokratien zu schwächen. Dagegen hülfen lediglich eine Stärkung des Militärbündnisses, die weitere Unterstützung der Ukraine und Investitionen in Rüstungsgüter und Munition. Eindringlich mahnten Sie: »Wir können uns nicht erlauben, Russisch Roulette mit unserer Zukunft zu spielen.«

Wir möchten aber zu bedenken geben, dass es beim Russisch Roulette umso besser fürs eigene Wohlergehen ist, je weniger Munition im Spiel ist und Patronen sich in der Trommel befinden.

Den Revolver überhaupt vom eigenen Kopf fernhalten, empfehlen Ihre Croupiers von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg