Inhalt der Printausgabe

März 2001


Humorkritik
(Seite 4 von 8)

Zuschauerbeteiligung

Was macht der weder durch mediale Omnipräsenz und Medienknebelung noch durch irrsinnige Geld- und Menschenverschiebemethoden ernüchterte Fußballfreund in der bundesligafreien Zeit zwischen Dezember und Februar?
Er spitzt mal rein in die Übertragungen der in dieser Zeit auf die Finalentscheidung ("Super Bowl") zulaufenden Spiele der amerikanischen Profi-Football-Liga. Ist das Spiel in seiner strategischen Grundanlage noch einigermaßen vergleichbar, ja sogar phasenweise ähnlich erregend wie es der Fußball sein kann, so sind es die Stadionbesucher mitnichten. Der Ami ist nicht bei der Sache. Er präsentiert sich dem Spiel gegenüber als selbstverliebter Eventteilnehmer, der mit seinem Stadionbesuch nichts anderes bezweckt, als mal ins Fernsehen zu kommen. Zu diesem Zweck hält er Schilder hoch, die mit privaten Trivialitäten ("This Win Is for You, Dad. Your Family") oder sportlichen Banalitäten selbstbeschriftet sind: "This Is the Superbowl". Als wenn die Spieler das nicht wüßten. Die erregende Dramatik des Spiels, die gewachsene Konkurrenz einzelner Mannschaften scheint diesen nichtsnutzigen Zuschauern wurscht zu sein.
Blutleere, privatistisch eitle Selbstdarstellung jenseits des Atlantiks, diesseits in unseren Fußballstadien dagegen Leidenschaft und Leidensbereitschaft, die herrliche Blüten treibt. So skandieren die Fans des wieder schwer im Kommen begriffenen 1.FC Nürnberg bei Begegnungen mit einem hessischen Ligakonkurrenten: "Wir sind Franken, ihr seid Hessen / was wir scheißen, müßt ihr fressen." Oder die innerhessische Konkurrenz zwischen den Fans von Eintracht Frankfurt und denen der Offenbacher Kickers wird gar gleich in Form eines Reimwettbewerbs ausgetragen: "Es steht an jeder Ecke: Eintracht verrecke / es steht an jedem Puff: Offebach steigt uff", singen die Offenbacher, und die Frankfurter antworten: "Wo der Geier noch einsam kreist / wo man noch hinter die Büsche scheißt / wo der Neger noch jagt mit hölzernem Speer / da holen die Kickers ihre Punkte her."
Welche Perlen! Die sogar den hier schon wieder geirrt habenden Goethe mit seinem Diktum "Amerika, du hast es besser" ganz schön alt aussehen lassen.




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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg