Inhalt der Printausgabe
Juni 2001
TITANIC-Telefon-Terror
Ausstieg jetzt!
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Eva Braun*: »...Verbrechergesindel!« |
![]() TITANIC Aus der Rechtsradikalen-Szene. Sie kriegen auch ein tolles Geschenk von uns. Braun (empört) Also, ich bin weder rechtsradikal, noch fühle ich mich als rechtsradikal. Und ich empfinde es als Unverschämtheit, die Leute, die sich für das deutsche Volk einsetzen, als rechtsradikal abzutun! Unverschämt! TITANIC Nun, das Anbrennen von Synagogen und Erschlagen... Braun (aufbrausend) Sie wissen genauso gut wie ich, daß das niemals von Leuten kommt, die sich der rechten Szene zugehörig fühlen. Hinterher kommt immer raus, daß das Araber sind oder sonstwelche Leute... TITANIC Was hätten Sie denn gern, wenn Sie sich von den Nazis lossagen? Braun (keifend) Was heißt überhaupt Nazis? Das ist auch wieder eine Unverschämtheit! Ich finde, die einzigen, die wirklich radikal sind, das sind unsere Politiker! Kucken Sie sich mal an, wie die uns systematisch in die Armut treiben! TITANIC (ruhig) Hätten Sie wohl gern ein neues Auto? Braun (eindringlich) Kapieren Sie nichts? Wieviel Ausländer die reinholen! Den steckense das Geld in den Hintern! Die hauen uns aufs Maul, wenn wir den Mund aufmachen! Meine Mutter hat zwei Weltkriege mitgemacht und hat gesagt, so einen Irrsinn hat es noch nie gegeben, in beiden Weltkriegen nicht! Deutschland ist dem Untergang geweiht, warum machen Sie da mit? TITANIC (abwehrend) Ich? Ich mache doch gar nichts! Braun (schreit) Unser Land so zu zerstören! Was die Politiker unserem Volk tun, wie die uns ausrotten! Und schämen sich nicht! Und bauen sich in Berlin Protzpaläste! Wie im Mittelalter! Wie die Feudalisten! TITANIC Sie sind doch eine Frau, haben Sie keine Träume? Eine kosmetische Operation? Braun Sie haben einen Vogel! (kreischt) Schwarze Konten! Meineide! Verbrechergesindel! TITANIC Ich weiß was: Geld! Wir geben Ihnen Geld! Braun (zischt) Sie begreifen nichts! Ich will kein Geld von Ihnen, was denken Sie sich eigentlich, wer ich bin! TITANIC Doch! Geben Sie mir mal Ihre Kontonummer, bitte. Braun Nee! Sie kriegen meine Kontonummer nicht. TITANIC Wir überweisen Ihnen einfach mal was. Ihre Kontonummer bitte. Braun Kriegen Sie nicht! TITANIC Wenigstens die Bankleitzahl! Braun Die hat Sie überhaupt nicht zu interessieren! Was ist das eigentlich für ein Staat hier, geht es nur noch um Korruption und Geldwäsche? Merken Sie nichts? TITANIC Ich merke schon, Sie haben Führungspersönlichkeit! Braun Ich habe nur... TITANIC Ich glaube, daß Sie eine große Nummer sind in der DVU! Braun (hysterisch) Hahaha! Schön wär's! TITANIC (dramatisch) Sie können uns nicht täuschen! Sie spielen doch nur die biedere, dumme Hausfrau! Aber Sie sind Führungskader! Braun Glauben Sie doch, was Sie wollen... TITANIC Kriege ich jetzt Ihre Kontonummer oder muß ich die rausfinden lassen? Braun Wenn Sie da in irgendeiner Form tätig werden, wende ich mich an die Polizei! Sie können mich nicht kaufen, das können Sie mit korrupten Politikern machen... TITANIC Ich glaube, wir beenden das Gespräch. Ich muß jetzt schnell zur Bank... Die Denkweise der deutschen Rechtsradikalen ist schwer zu begreifen: Erst beschweren Sie sich, daß in Deutschland alle korrupt sind, und dann wollen sie sich nicht mal mit Geld trösten lassen. |
Hermann Göring*: »Ich bin kein Rechtsradikaler!« |
![]() TITANIC Kreisbeauftragten. Göring ...Kreisbeauftragten benannt worden bin, ich hab mich auch darüber gewundert. Aber ich hab dann auch einen Stammtisch gleich ins Leben gerufen, das hat mich sehr enttäuscht, der hat dann nur 12 mal stattgefunden, und es kamen immer wieder eine Anzahl alter Leute zusammen, die sich da gegenseitig was vorgeheult haben. Deswegen hab ich diesen Stammtisch eingestellt, ich bin auch ein Redner... TITANIC (bewundernd) Ich merk' das schon. Göring Ich bin tief enttäuscht, das wird ja unter uns bleiben, ich bin zutiefst enttäuscht von der Person eines Herrn Dr. Frey. Es ändert nicht meinen Glauben an eine gute Sache. Aber der Dr. Frey will nur seine Zeitungen verscheuern und seinen Buchverlag am Leben halten. Und jetzt haben sie, und zwar auch durch Kontakt mit Ihnen, unseren Landesvorsitzenden Peter Jürgensen ganz kurz und zackig entfernt und den Stefan Heidrauf dazu. Diese jungen Leute hat man über Nacht liquidiert, weil die Kontakte mit dem Verfassungsschutz hatten, also mit Ihnen. Sie merken schon, ich bin froh, mir das mal von der Seele zu reden. Und da hab ich gesagt zu meiner Frau, wahrscheinlich hast du Recht gehabt mit deiner Einschätzung unseres Vorsitzenden. TITANIC (entschuldigend) Herr Göring, Moment, mein Band ist alle, ich muß das eben mal umdrehen. Göring ...und die Ausländer, daß abgelehnte Asylbewerber nicht ausgewiesen werden. Ich war in Afrika, Nigeria, da hatte ich eine Baustelle, da kamen die Arbeiter, und mein Vormann hat gefragt: Ist das wahr, daß man sich in Deutschland nur hinstellen muß und Asyl sagen, und schon kriegt man Geld? Und daß die Deutschen Frauen alle so gerne mit uns Negern schlafen, mit uns black men, haben sie sich genannt, weil wir so große, naja, ich will das mal nicht vollenden auf Ihrem Band... TITANIC (interessiert) Ja, und? Stimmt das, daß die untenrum so groß sind? Göring Nee, das stimmt nicht. Wir sind dann freitags, wenn Schicht war, zusammen im River baden gegangen, die war'n alle ziemlich normal... Und die ham so gerechnet, wenn wir in Deutschland gar nichts tun, dann kriegen wir noch viel mehr Geld. Ist nur 'ne Anekdote, die hab ich auch schon am Stammtisch erzählt... TITANIC Gut, aber ich glaube, mit uns wird das nichts. Ich muß Sie noch ermahnen, nicht an gewalttätigen Demonstrationen teilzunehmen, keine Gebäude abzufackeln... Göring Nein, das tue ich nie, ich kenn' das nur aus dem Fernsehen, Sie können mich ruhig beobachten... Ich hab Sie ja auch damals am Telefon schon gegrüßt, als der Fernmeldetechniker da war, ich weiß, daß Sie's abhören. Ich weiß es. Angenehm ist es nicht. TITANIC Ja, aber dafür ganz unterhaltsam für unsere Jungs... Dieser Fall sollte allen friedlichen Demokraten eine Warnung sein: Einmal am Stammtisch nachgefragt, und schon ist man Kreisvorsitzender in Dr. Freys rechtsradikalem Buchclub! |
Martin Sonneborn
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