Inhalt der Printausgabe
Juni 2001
TITANIC-Telefon-Terror
Ausstieg jetzt!
(Seite 1 von 5)
Seit kurzem erst hat der Verfassungsschutz unter der Nummer 0221 / 79262 eine "Hilfs-Hotline für aussteigewillige Neonazis" eingerichtet, und schon liegen brisante Erkenntnisse vor: Die Neonazis sind nicht interessiert. Jedenfalls rufen sie nicht an - obwohl ihnen vollmundig finanzielle Unterstützung annonciert wurde. Ein Fall für TITANIC? Ja. Mit unserem roten Telefon und den Millionen des Verfassungsschutzes müßte doch was zu machen sein. Zumal ja die Adressen sämtlicher DVU-Kreisvorsitzender im Internet aufgelistet sind.
|
Martin Bormann*: »Wiederhörn!« |
TITANIC Guten Tag, Herr Bormann. Der Verfassungsschutz hätte gern drei Minuten mit Ihnen geplaudert. Bormann Nee, da ist nichts drin. Wir wissen Bescheid, mit euch will ich nichts zu tun haben! TITANIC Es geht nur um eine Einladung zum... Bormann (aggressiv) Da wird nichts eingeladen! Ich hab die Meinung, ihr seid nicht viel anders als die, die wir hinter uns haben, Wiederhörn!
Ein Anfang, der nachdenklich stimmt: In einem Land, in dem der Verfassungsschutz von den Nazis als rechtsradikal beschimpft wird, läuft irgend etwas schief!
|
Joseph Goebbels*: »Ausländer? Find ich gut!« |
TITANIC Herr Goebbels, Sonneborn vom Verfassungsschutz. Ich hätte gern gewußt, wie es Ihnen so geht, wie Sie Ihre persönliche Situation sehen. Sind Sie zufrieden oder tragen Sie sich mit dem Gedanken einer Veränderung? Goebbels Nein, wir sind zufrieden, keine Veränderung. Wir wissen, aus welchem Grund Sie anrufen, da tut sich nichts. Da wird ja einiges unternommen, gut, einen Versuch ist es wert, und das sollte auch probiert werden, aber... TITANIC (mitfühlend) Sie haben sicherlich Bedenken wegen etwaiger Ressentiments Ihrer Kameraden hinterher! Goebbels Nein, so was gibt's bei uns nicht, wir sind eine in dem Sinne saubere Partei. Wir sind also vollkommen demokratisch eingestellt. TITANIC (prüfend) Aber wie finden Sie denn Ausländer? Goebbels (im Brustton der Überzeugung) Ausländer? Gut! Die find' ich gut! TITANIC Und das sagen Sie jetzt nicht einfach so? Goebbels Nee, in meiner Familie sind selber zwei Ausländer, äh, ja, bzw. man hat sich an Verschiedenes hier gewöhnen müssen. Das ist ja nicht so, als ob ich jedesmal schreiend hier rauslaufe! Wir sind auch jeden Mittwoch mit Ausländern zusammen, das sind so Rumänendeutsche aus Siebenbürgen. TITANIC Das sind ja keine richtigen Ausländer. Ich meine Gelbe oder Schwarze zum Beispiel! Goebbels Ach Gott, wenn hier welche sind, warum soll ich die mißachten? Nur wenn die natürlich kriminell werden! Oder wenn die mich angreifen! Man soll nicht uns anfeinden, wie es leider hier viel ist. Hier ist unlängst, das werden Sie nicht wissen, morgens eine Krankenschwester von einem Auto totgefahren worden, darin saßen vier Türken ohne Führerschein, betrunken, und haben Fahrerflucht begangen. Und hatten Drogen bei sich. Und die sind von der Polizei gestellt worden, und dann haben die sich noch totgelacht. Das mögen wir nicht. TITANIC Aha. Goebbels Ich bin 'n Nationaler, ich bin national eingestellt, das ist doch nicht schlimm! Wir sind eine Nation, und als Nation haben wir Nationalität. Und die kann ich ja wahrnehmen. TITANIC Gut, ich seh schon, das wird nichts mit uns. Machen wir's doch so, ich lasse Sie noch ein halbes Jahr überwachen... Goebbels (erschreckt) Sie lassen mich überwachen? TITANIC Ja, wie bisher. Goebbels (erregt) Uns? Oder mich? TITANIC Sie. Goebbels Mich persönlich? Wie das denn? TITANIC (überrascht) Das kann ich doch nicht sagen... Goebbels (lacht los) Ach ja, natürlich, hahaha, jaja. TITANIC Eine ganz normale Observation. Und wenn in der Zeit nichts vorfällt, stellen wir das auch ein. Goebbels Erfahr ich dann davon? TITANIC Nein, wenn Sie nichts von uns hören und keine Sachen anstecken und keine Leute zusammenschlagen, dann... Also, keinen Unfug machen! Goebbels Nee, machen wir ja nicht, wir setzen uns nur zusammen... Gute Güte, was sind denn das für Nazis?! Möchtegernradikale, die sich an Verschiedenes gewöhnt haben und Ausländer gut finden, kriegen von uns natürlich keinen Pfennig! |
Martin Sonneborn
|
1 | 2 | 3 | 4 | 5 |