Inhalt der Printausgabe
Juli 2001
Vom Fachmann für Kenner (Seite 15 von 16) |
New York, New York In Budapest gibt es auf der rechten Straßenseite eine Peepshow. Und das ist die beste Peepshow der Welt. Man (also gut: ich) betritt die Kabine, und zwar aus Ratlosigkeit irgendeine Kabine, wirft eine Hundert-Forint-Münze in den Schlitz. Darauf erlischt die Kabinenbeleuchtung, die Fensterklappe öffnet sich, und durch das schmutzschlierige Glas wird der Blick auf eine trapezförmige, mit rotem Fahnenstoff ausgeschlagene Bühne frei. Dar- auf nichts. Im Hintergrund ein aus demselben Stoff gefertigter Vorhang. Nach einer Weile steckt eine junge Frau ihren Kopf zwischen zwei Vorhangbahnen hindurch. Sie guckt verärgert, aufgescheucht vielleicht, als sei sie aus dem Mittagsschlaf gerissen worden, schimpft Ungarisches in Richtung Fensterklappe, droht mit der Faust und verschwindet wieder. Dann klappt die Klappe zu und das Licht geht an. Man (jaja, schon gut: ich, immer noch ich) wirft einen letzten beschämten Blick auf die unfaßlichen Reliefablagerungen unterhalb der Fensterklappe und tritt benommen nach draußen. Für einen Augenblick fühlt man sich so, wie sich angeblich die hier tätigen Frauen fühlen: erniedrigt, ausgebeutet, gesexistischt. Da sieht man's mal. Und das ist ja gerade das Tolle an der Peepshow in Budapest auf der rechten Straßenseite; man weiß plötzlich, zum ersten Mal: So fühlt sich eine Frau von innen an. Und so was kostet ja normalerweise extra. Benjamin Schiffner
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