Briefe an die Leser | Mai 2010


Und daß Du, Kirche,

dann letztlich vielleicht doch noch bereit bist, mit der Vergangenheit zu brechen und in jeder Hinsicht eine strikte Kehrtwende zu vollziehen, darauf schien uns folgende Überschrift im Schwarzwälder Boten vom 11. März sehr schön hinzuweisen: »Kirche sucht nach attraktiven Senioren«.
Aber auch hier gilt: Von den Wehrlosen laßt bitte die Finger!
Ansonsten viel Glück bei der Suche:

Titanic

Medienmacher und Radiofritzen!

Wie wir hörten, haben Eure russischen Kollegen zwecks Staatstrauer nach den Anschlägen in der Moskauer Metro alle Unterhaltungssendungen, Quiz-, Witz- und sonstige Quatsch-Shows sowie sämtliche Werbung aus dem Programm genommen; und sagt mal, Medienfritzen und Radiomacher, ohne von fehlgeleiteten Attentäterinnen zur Explosion gebrachte U-Bahn-Züge jetzt irgendwie gutheißen zu wollen – aber wenn wir irgend etwas tun können, daß Ihr das hierzulande auch mal macht, dann laßt es uns doch wissen, ja?
Allzeit zu fast allem bereit:

Titanic

Katharina von der Leyen!

Sie schreiben in der Bild am Sonntag allwöchentlich mit Hingabe eine Kolumne über Hunde. Offensichtlich gibt es in Ihrem Leben nichts anderes als Kläffer, Köter und Kot. Wir ahnen, warum, wenn Sie von Begegnungen wie diesen berichten: »Als ich noch Möpse hatte, blieben manchmal unvermittelt Leute auf der Straße stehen und erklärten mir ohne Scheu: ›Meine Güte, sind die häßlich!‹« Heulen Sie bitte nicht getroffen auf, aber könnte es sein, daß die Leute gar nicht von Ihren vierbeinigen Freunden gesprochen haben?
Kommt wohl langsam auf den Hund:

Titanic

Spedition Kafka Transport, Tschechien!

Laß uns raten: Deine LKWs kommen nie an, oder?
Grüße aus dem Schloß:

Titanic

Feingefühl, »Küchen-Quelle«,

gehört offensichtlich nicht zu Deiner Produktpalette. In einem Radiowerbespot läßt Du eine Frau zu einer anderen sagen: »Ich war oben ohne einkaufen!« Der darob erschrockenen Freundin erklärt sie sodann, sie habe den Einkauf auf Deiner Internetseite getätigt, was nicht nur ganz einfach gehe, sondern, wenn frau mag, auch halbnackt.
Wer einigermaßen anspruchslos ist, mag das noch für mittelwitzig halten, aber daß Du in der »Frühlingsaktion«, die der Spot bewirbt, dann ausgerechnet »Hängeschränke« anbietest, das erscheint uns nun wirklich taktlos!
Wundere Dich also nicht, wenn Du damit die Frauen in Scharen von Deiner Seite treibst – und zwar vermutlich geradewegs in die Arme der

Titanic

Und sag, verdammt noch mal, »Tasty Footwear«,

der Du einen Laden in der Zossener Straße in Kreuzberg hast: Müßte das nicht eigentlich »Smelly« heißen?
Immer der Nase nach:

Titanic

Was aber, Dirk von Lowtzow,

mußten wir da aus Ihrem Munde vernehmen? »Es gibt schon Phänomene des Mainstreams, die uns gefallen«, sagten Sie, der Sie mit Ihrer Band Tocotronic dort ja noch nicht vollends angekommen sind. »Ich gucke mir zum Beispiel Germany’s Next Top Model an. Natürlich wird dort ein völlig falsches Körperbewußtsein vermittelt, keine Frage.«
Herr von Lowtzow, Sie überraschen uns: Wir dachten nämlich immer, diesen Quark schauen sich nur lüsterne alte Knacker und magersüchtige Teens an. Aber vermutlich wissen Sie so gut wie wir, daß es kein richtiges Leben im völlig falschen gibt, und meinen anscheinend, solange wir noch auf das richtige warten, könnten Sie in gewohnt alberner Manier tun und glotzen, wonach Ihnen ist, solange nur die Frisur sitzt, was?
Keine Frage:

Titanic

Sie, Brigitte Hahn,

als erste Ansprechpartnerin der Fachstelle für Sekten- und Weltanschauungsfragen des Bischöflichen Generalvikariats Münster wissen in einem Interview für die westfälische Lokalzeitung Die Glocke davon zu berichten, welche Kriterien für die Identifikation einer Sekte ausschlaggebend sind. So kann Ihnen zufolge von einer Sekte gesprochen werden, »wenn eine Gruppierung das Wahrheitsmonopol für sich beansprucht. Oder eine überwertige Ideologie vertritt, also vorgibt, einen neuen Menschen erschaffen zu können. Meist spielt dabei auch eine Endzeitvision und eine von den Anhängern idealisierte Führungsperson eine große Rolle. Dazu kommt oft eine zeitliche und finanzielle Ausbeutung der Mitglieder.«
Ihre messerscharfe Analyse in allen Ehren, Frau Hahn! Schade allerdings, daß Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Doch mit der Axt in der Hand eilen schon zur Hilfe
Ihre Holzfäller von der

Titanic

Liebes Tantchen ZDF!

Wenn Serien wie »Miami Vice« und »Seinfeld«, Bands wie Oasis oder gar Moderatoren wie Heide Simonis und Manuel Andrack bei Dir unter ZDF Neo laufen – was käme dann eigentlich unter ZDF Retro?
Fragt sich schon lange und wiederholt:

Titanic

Unbekannte Bundeswehrsoldaten!

Okay, okay, natürlich habt Ihr noch nicht so viel Übung im Zinksargtragen, aber so, wie Ihr das am
9. April im niedersächsischen Selsingen mit den Särgen Eurer drei am Karfreitag in Afghanistan fürs Vaterland gefallenen Kameraden gemacht habt, so geht das nicht! Zu sechst einen Sarg schultern und dann im Gleich- bzw. Stechschritt volle Kraft voraus in Richtung Grube – was meint Ihr, wie das den eingesargten Helden auf seinem letzten Weg durchbeutelt! Ach so, Ihr meint, Humanitätsduselei sei bei Eurem Handwerk nicht zielführend, und übertriebene Pietät gegenüber den Toten sowieso unsoldatisch? Na, dann marschiert mal tapfer weiter!
Eure Wehrbeauftragten auf der

Titanic

Sie hinwiederum, Marcel Reif,

sind also der Meinung, daß Miroslav Klose »körpersprachemäßig noch nie ein Feuerwerk abgebrannt hat«. Aber wie, Herr Reif, brennt man eigentlich Ihrer Meinung nach körpersprachemäßig ein Feuerwerk ab? Mit einem brennenden Trikot? Mit Epilepsie? Oder eher mit der geballten Faust, wenn man die mal wieder ums Verrecken nicht aus der Hosentasche rauskriegt?
Um Aufklärung bitten Ihre Feuerwerkskörper von der

Titanic

Allerliebste Lena Meyer-Landrut!

Mit Deinen 19 Jahren und den vielen Singles, die Du gleichzeitig in die Charts hievst, bist Du seit einigen Wochen die große Hoffnung der heimischen Musikindustrie und wirst Deutschland demgemäß am 29. Mai beim »Eurovision Song Contest« in Oslo vertreten. Diesen beneidenswerten Erfolg führte die Hannoversche Allgemeine im Interview mit Dir auch auf Deine »unkonventionelle Art« und Dein Image als »die Verrückte, die Durchgeknallte, die Schräge« zurück, was Du wiederum mit den bescheidenen Worten pariertest: »Ich glaube, jeder Mensch ist verrückt, nur viele trauen sich nicht, es auch zu zeigen. Ich mache das einfach.«
Nun ist es uns, werte Lena Meyer-Landrut, bislang vielmehr so vorgekommen, als trauten sich – ganz gleich, ob in den Medien, der Nachbarschaft oder sonstwo da draußen – viel zu viele Menschen, ihr Verrücktsein offen zu zeigen. Kaum jemand aber, so mußten wir bei der weiteren Lektüre zugeben, lehnt sich dabei so weit aus dem Fenster wie Du, die Du im Fortgang des Gesprächs nicht nur bekanntest: »Ich bin stolz, aus Hannover zu kommen!« bzw. präzisiertest: »Ich liebe Hannover«, sondern Dich auch noch zu der Äußerung verstiegst, Du liebtest einfach »alles« an Hannover, der Stadt Schröders und der Scorpions, und zwar wirklich alles: »Die Menschen sind schön. Die Kulturstätten sind schön, die Stadtteile sind schön.«
Und auch wenn wir das mittlerweile zum Volkssport gewordene Hannover-Bashing nur ungern mitmachen wollen: Das klingt uns ja mal wirklich – verrückt! Absolut irre! Und auch ein bißchen balla-balla.
Hoffentlich wächst sich das noch raus. Bis dahin erst einmal fassungslos:

Titanic

Und Sie, Kardinal Tarcisio Bertone,

sind die Nummer zwei im Vatikan und wissen daher bestens Bescheid im Klerus. So konnten Sie auch Licht in das Dunkel der Mißbrauchsfälle bringen: »Viele Psychologen und Psychiater haben bewiesen, daß es keine Beziehung zwischen Zölibat und Pädophilie gibt«, andere hätten wiederum gezeigt, daß es »eine Beziehung zwischen Homosexualität und Pädophilie gibt. Das ist das Problem.« Aber, Hochwürdigste Eminenz, was wollen Sie uns denn damit genau sagen? Daß in Ihrem Männerbund ohnehin alle schwul sind?
Behalten Sie’s doch lieber für sich, rät:

Titanic

Übrigens, Westerwelle:

Wird Ihnen als Vielflieger qua Amt nicht ein klein wenig mulmig bei den Nachrichten vom Absturz des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski und seiner Delegation? Denn im Fall der Fälle, den wir, weiß Gott, niemandem, nicht mal politischen Tieffliegern wie Ihnen wünschen, würde sich mit Ihrer Maschine ja quasi Ihre gesamte Familie, Ihr Geschäftsfreundeskreis und der Inner Circle der FDP ins Erdreich bohren. Wollen Sie das wirklich? Doch wohl nicht. Also immer schön politisch ausgewogene Delegationen zusammenstellen, ehe es an Bord geht! Und allzeit guten Flug!
Ihre Fluglotsen von der

Titanic

Herrje, Jasna Zajcek!

Sie sind Jahrgang ’73, Journalistin und haben sich als »passionierte High-Heel-Trägerin« zu Recherchezwecken (»Unter Soldatinnen: Ein Frontbericht«, Piper) für vier Wochen an der Marineschule Mürwik an der Waffe ausbilden lassen. Laut Klappentext berichten Sie über »die weibliche Sicht auf die Front« und stellen die Frage: »Wie wird die Bundeswehr aktuell und künftig ihrer Rolle in der Welt gerecht?« Wie es Ihnen bei einem nächtlichen Marsch über zehn Kilometer mit 26 Kilo Gepäck erging, erzählten Sie jedenfalls schon mal der taz unter der Überschrift »Marschieren fühlt sich an wie Sex«.
Daß Sie schwer einen an der Murmel haben – klar. Daß Sie das Mitmachen von gefährlichem Unfug evtl. für eine Errungenschaft der Gleichberechtigung halten – alter Hut. Daß sich Ihr körperliches Liebesleben allerdings anfühlt wie schikanöser Blödsinn, der gruppenweise draußen im Matsch angestellt wird, halten wir für so bedenklich, daß wir Sie bitten, nach der kalten Dusche möglichst weit wegzutreten.
Aber zackig!

Titanic

Westerwelle!

Auf dem Höhepunkt Ihres fast ein Vierteljahr währenden medialen Amoklaufs berichteten Sie dem Tagesspiegel von einer persönlichen Kränkung: »Es gab in den letzten zwei Wochen zwei Momente, wo ich mich persönlich nur noch gewundert habe. Der eine war, als mich ein linkes Medium mit Adolf Hitler verglichen hat. Das gehört sich nicht, da hört der Spaß wirklich auf.«
Nein, Westerwelle, wer macht denn so was? Sie mit dem Führer vergleichen? Das können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen! Zumal es ja auch sachlich vollkommen falsch und praktisch gänzlich ungerechtfertigt wäre – war Hitler doch ein im Volk außergewöhnlich beliebter Politiker, der die Massen zu begeistern wußte. Sie hingegen sind halt nur ein Frettchen, das der Merkel erst die Mehrheit beschafft hat und ihr nun, wo Ihr Stern am Sinken ist, allmählich lästig wird. Darüber täten sich an Ihrer Stelle wundern
die Unschuldslämmer auf der

Titanic

Als in Dir, »hart aber fair«,

neulich der sog. Bundesligacoach P. Neururer zum Thema Homophobie im Fußball mitteilte, er laufe auch nicht den ganzen Tag herum und rufe, er sei hetero (als ehemaliger Trainer von Kickers Offenbach hätte er’s ja eigentlich nötig) – da warst Du, »hart aber fair«, uns schon nach knapp 30 Sekunden zu anstrengend. Neuer Rekord.
Weiterzappend:

Titanic

Warum, Herr Prof. Hans-Joachim Schellnhuber,

Sie nur immer so spöttisch grinsen, haben wir uns schon länger gefragt. Sie als Klimaschützer Nummer eins im Lande dürften doch eigentlich nichts zu lachen haben. Sie wissen schließlich wie niemand sonst, wann hier wem das letzte Eis abtaut, der Wald abbrennt, die Ernte verdorrt, der Deich bricht, der letzte Fisch weggeangelt ist. Weil das vielen nicht paßt, müssen Sie sich auch noch ständig als Demagoge, Lügner und Nichtsnutz beschimpfen lassen – und haben doch stets dieses unheimlich verschmitzt-dämonische Grinsen im Gesicht kleben. Nun endlich, nach all den Jahren, verraten Sie uns im Spiegel Ihr Geheimnis: »Ich bin kein Umweltaktivist. Ich marschiere auf keiner Demo mit, bin nicht Mitglied bei den Grünen, ich esse gern Fleisch und fahre BMW«.
So einfach ist das? Hätte eigentlich auch selbst drauf kommen können:

Titanic

Und apropos, Schrobenhausener Fußgänger!

Soweit Ihr Euch erinnern oder sonst irgendeine Meinung bilden könnt, haltet Ihr Eurem alten Pfarrer Mixa gerne und immer noch die Stange. Deshalb verwahrtet Ihr Euch bei einer Radioumfrage des Deutschlandfunks gegen jegliche Vorwürfe gegen den Kirchenmann; und zwar mit Statements, die die Vorwürfe allesamt bestätigten: Neben den üblichen Schreien wie »Verleumdung!« sagtet Ihr nämlich auch »I wor selbst domols dobei und hab öfter a Watschn kriegt, des war damals so« oder »Da kann man ja gleich alle anzeigen!«
Da bleibt uns doch, liebe Schrobenhausener, nurmehr, ausnahmsweise mal mit Westerwelle und seiner damals noch spaßigen Partei zu rufen: »Machen. Machen. Machen.«
Macht gerne mit:

Titanic

Gott zum Gruß, Bischof Mixa!

So wie es aussieht, haben Sie in Ihrer Urkarriere als Pfarrer von Schrobenhausen das halbe Dorf verprügelt. Einer 14jährigen haben Sie nach deren Bekunden mit einer kräftigen Backpfeife die Zigarette aus dem Mundwinkel entfernt. Andere wurden von Ihnen vermutlich fürs Saufen auf dem Spielplatz, fürs Radfahren auf der falschen Seite oder fürs Überqueren der Straße bei Rot ordentlich durchgeschallert. Hut ab! Haben Sie übrigens schon gehört, daß die Bahn gerade neues Sicherheitspersonal einstellt? Wollten wir Ihnen nur mitteilen, für den Fall, daß Sie sich jetzt beruflich neu orientieren wollen. Würde dann beim Rauchen in der S-Bahn künftig eher aufpassen:

Titanic

Hey, Verfassungsschutz!

Als wir neulich ganz zufällig mal einen Deiner Mitarbeiter zu Hause besuchten, entdeckten wir in seiner Küche einen Kaffeebecher für Deine Angestellten, den der Mann offenbar aus dem Büro stibitzt hatte und der die Aufschrift trug: »Wir sind im Internet!«
Nichts für ungut, Verfassungsschutz, aber das weiß doch nun jeder.
Wenig konspirative Grüße:

Titanic

Georg Paul Hefty!

Da stirbt die ehrwürdige Elisabeth Noelle-Neumann, die Gründerin des Allensbach-Instituts, deren Zahlen und konservative Interpretationen Ihre FAZ stets gerne druckte, und wie überschreiben Sie den Nachruf? »Ihr Einfallsreichtum kannte keine Grenzen«! Ist denn das, Herr Hefty, die Eigenschaft, die man bei einer empirisch arbeitenden Wissenschaftlerin hervorheben sollte? Und wie kam es überhaupt zu dieser entlarvenden Überschrift? Aus Versehen? Weil Sie im Gegensatz zu Statistiken nicht lügen können? Oder weil es empirisch belegt ist?
Glaubt jetzt erst mal keinem Demoskopen mehr:

Titanic

Huhu, Malte Lehming!

Im Tagesspiegel halten Sie erneut die Fahne hoch für wahre christliche Familienwerte. Anhand einer »Super-Nanny«-Folge, in der eine Frau drei (!) Kinder von drei (!) Vätern alleine in einer wenig ansprechenden Wohnung großzieht, philosophieren Sie: »Würde ein solcher Plot in den USA gezeigt, wäre die erste Reaktion der Zuschauer nicht der Ruf nach dem Jugendamt und mehr Betreuungshilfe, sondern die Frage, wie es zu dieser Kalamität überhaupt gekommen ist. Drei Kinder von drei verschiedenen Vätern: Muß man mit dieser Andrea nicht mal ein ernstes Wort reden? In Deutschland gilt solche Reaktion als spießig und herzlos. Was nicht verboten ist, ist erlaubt, und was erlaubt ist, muß von der Gemeinschaft mitgetragen werden. Außerdem hat Andrea ja vielleicht auch nur besonders viel Pech mit den Männern gehabt.«
Aber, Malte Lehming, welch ernstes Wörtchen sollte man denn Ihrer Meinung nach sprechen mit jener Andrea? Und was sollte daraus folgen für die Gemeinschaft, damit sie derart leichtlebiges Treiben nicht finanzieren muß? Kastration für Prekarianerinnen? Zwangsheirat bei Scheidungsverbot ab dem zweiten Erzeuger? Und sind Sie sich überhaupt sicher, daß die USA die richtige Projektionsfläche für Ihre völkischen Gewaltfantasien sind? Wäre z.B. Iran da nicht zielführender? Gucken Sie sich dort doch einfach mal um. Das Ticket würden wir Ihnen sogar spendieren – one way, versteht sich.
Auf Nimmerwiedersehen:

Titanic

Matthias Sammer!

Sie sind in Dresden gebürtig und als ehemaliger Nationalfußballer, aktueller Sportdirektor des DFB und Fußballexperte beim Bezahlsender Sky öfter mal im Fernsehen; und tragen dort meistens einen grauen Anzug, ein weißes Hemd mit grauen Streifen, eine graue Krawatte plus, weil’s halt abends noch kühl wird, einen grauen Pullunder. Nun sind Sie, Sammer, aber schon von Natur aus kein besonders farbiger Typ, eher fast im Gegenteil; so daß Sie neben den feschen Sky-Moderationskleiderständern wie der arme Vetter aus der Ostzone aussehen, eingekleidet vom VEB Herrenoberbekleidung »Fortschritt«; und wenigstens in der Beziehung müssen selbst wir die DDR nicht wiederhaben.
Sie verdienen doch gut. Und das Leben ist schließlich grau genug!
Grau, schau, wem:

Titanic

Andererseits, lieber Vatikan,

hast Du Dich dann schließlich doch von dem persönlichen Prediger der Papstes distanziert, nachdem sein Vergleich von Kirchenkritik und Antisemitismus so hohe Wogen geschlagen hatte. Das wiederum finden wir jetzt schade, weil wir gerade begonnen hatten, das Positive daran zu sehen: Immerhin gibt es in der katholischen Kirche noch Leute, die den Holocaust leugnen, und da ist ein Vergleich seiner selbst mit den Opfern des Holocaust doch zumindest als eine Anerkennung desselben zu werten und insofern vielleicht sogar ein Hinweis auf einen Prozeß der kircheninternen Läuterung.
Stimmt’s?

Titanic

Ratzinger!

Während die Welt wartete, daß Ihnen an Ostern angesichts der nichtendenwollenden Aufdeckung priesterlicher Kinderschändung eventuell eine Andeutung von einem Mea Culpa über die Lippen käme, mauerten Sie sich also in Ihren hohen vatikanischen Mauern ein, ließen sich am Karfreitag von Ihrem persönlichen Prediger, Pater Raniero Cantalamessa, dahingehend anpredigen, die Vorwürfe gegen die Kirche erinnerten »an die schändlichsten Aspekte von Antisemitismus« (wofür Cantalamessa einen angeblichen jüdischen Freund als Kronzeugen bemühte), und bei der Ostersonntagsmesse schließlich von Angelo Sodano, dem Vorsitzenden des Kardinalskollegiums, der bedingungslosen Solidarität Ihrer milliardengroßen Schäfchenschar versichern (»Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit dir und wird sich nicht von dem Geschwätz des Augenblicks beeinflussen lassen!«). Sehr schön, Ratzingersepp, sehr schön! Während die von Priesterhand Geschändeten in Amerika reihenweise verlangen, daß Sie vor Gericht vorgeführt werden als der Hauptverantwortliche dafür, daß die hochwürdigste Päderastenkamarilla jahrzehntelang ungestört ihr Unwesen treiben konnte, spielen Sie in Ihren vatikanischen Katakomben zusammen mit Ihren Purpurbütteln die verfolgten Juden! Und für diese Schmierenkomödie von Shakespeareschen Dimensionen ernten Sie vom Publikum auf dem Petersplatz hunderttausendfachen Applaus: klarer Fall einer Christenverfolgung, wie sie Rom seit Nero nicht mehr gesehen hat!
Wenn Sie, Ratzinger, so weitermachen als selbsternannter »Mitarbeiter der Wahrheit«, werden sich die Balken, an die Ihr lb. Herr Jesus genagelt ist, noch mal derart biegen, daß Er herabsteigt und ein paar Takte Tacheles mit Ihnen redet! Aber vermutlich wird irgendeiner Ihrer Oberministranten auch das noch zur Christenverfolgung umlügen: Katholischer Stellvertreter von jüdischem Chef gemobbt! Und früher oder später wird Er es einsehen, daß gegen einen Joseph Ratzinger kein Kraut gewachsen ist, und Er wird sich die Kugel geben und nimmermehr auferstehen, und es wird endlich eine Ruhe sein nach 2000 Jahren Christendelirium auf Erden, in Ewigkeit Amen:

Titanic

Springer&Jacoby, R.I.P.!

Über 30 Jahre lang hast Du uns mit begeisternder Reklame erfreut, wie z.B. dem einen Spot, in dem der Dings, na, und von draußen rief dann einer rein, Quatsch, der war schon drinnen, also, na, wir kriegen’s nicht mehr zusammen. Könnte ein Spot für die Telekom gewesen sein. Jedenfalls lief ein Spielfilm drumherum und störte. Auch erinnern wir uns gerne an die Hochglanzseiten von und mit DaimlerChrysler, Siemens, der Commerzbank und KiK – allesamt Global Player und Busineßeliten, denen Du »Creative Marketing Solutions« angedreht hast, daß es eine Art war und Preise und Auszeichnungen und Goldene Cannes-Löwen en masse regnete.
Und nun: Insolvenz. Pleite. Pfff. Die Süddeutsche meint: Managementfehler. Wir wollen es aber ein wenig genauer wissen und fragen: Hast Du vielleicht tatsächlich Dein eigenes Branding durch negatives Wording downgescaled? Oder beim Communication Design die Social Benchmarks zu unsexy gepitched? Zu wenig Channel Insight gehabt und den Kunden nicht dort abgeholt, wo er stand? Mist gebaut und Leute verarscht – also ganz normal den Job runtergerissen? Da kann doch das Management nichts dafür, Dein Marketing ist schuld!
Aber zum Trost, Werbeagentur Springer&Jacoby: Niemand wird merken, daß Du fehlst. Am wenigsten wir vom Anzeigenblatt

Titanic

Schon ganz gut, Bundeswehr,

wie Du nach dem »hinterhältigen Angriff« (Merkel) der Taliban, der Dich drei Soldaten gekostet hat, im prompten Gegenzug fünf verbündete afghanische Soldaten »aus Versehen« getötet hast. Das ist in Prinzip und Traditionsbewußtsein ein Schritt in die richtige Richtung, doch in der Potenz noch reichlich undeutsch: So ein deutsches Soldatenleben ist doch wohl wesentlich mehr wert als ca. 1,66 Afghanen!
Also auf ins Gefecht! Für Volk, Vaterland und

Titanic

Hör mal, Ford!

Wenn Du alte Autoschleuder für Dich mit dem Slogan »Feel the difference« wirbst, heißt das dann, daß Deine Mondeos und Focusse und Fiaskos sich spürbar schlechter fahren als die Kisten von anderen Herstellern?
Wäre dann eher skeptisch:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Parabel

Gib einem Mann einen Fisch, und du gibst ihm zu essen für einen Tag. Zeig ihm außerdem, wie man die Gräten entfernt, und er wird auch den folgenden Morgen erleben.

Wieland Schwanebeck

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt