Humorkritik | Februar 2016

Februar 2016

»Daß ich nicht lache.
Daß ich nicht herzlich lache.
Daß ich nicht sehr herzlich lache.«
Gerhard Fritsch, »Katzenmusik«

Plötzlich hereinschneiende neue Gedichte von Ror Wolf

»Wiederholungen gefallen nicht«, wußten schon die alten Römer, und der alte Mentz weiß es natürlich auch. Wenn ich mich im folgenden dennoch wiederhole, ja zitiere, dann, weil in diesem Fall die Wiederholung gewissermaßen die Botschaft ist. Im April 2013 bekannte ich, daß ich von Ror Wolf nichts Neues mehr erwartet hatte: »Groß und ungebrochen ist daher meine Freude«, so ich einst, über meinen Irrtum angesichts eines dann doch neuen Wolf-Werkes (»Die Vorzüge der Dunkelheit«). Entsprechend immer noch ungebrochen und fast noch größer als damals ist meine jetzige Freude, hat doch der inzwischen noch ältere Wolf tatsächlich wieder etwas veröffentlicht. Allerdings enthält »Die plötzlich hereinkriechende Kälte im Dezember« (Schöffling) nur bedingt Neues; nicht nur, weil die Gedichtsammlung »39 Gelegenheitsgedichte aus dem Nachlaß« (!) ältere, wiewohl unveröffentlichte Texte der Jahre 1959 bis 2008 versammelt, sondern weil auch die aktuellen, unter den Kapitelüberschriften »Hans Waldmanns endgültiges Verschwinden« sowie »Fünf Versuche, Hans Waldmann endgültig verschwinden zu lassen« firmierenden Gedichte nichts Überraschendes bieten. Vergebliche Versuche, seinen langjährigen lyrischen Begleiter, die Figur Waldmann, verschwinden zu lassen, hat Wolf in dem Band »Pfeifers Reisen« (2007) nämlich bereits unternommen. Und auch die Bau- bzw. Machart der Gedichte hat sich nicht verändert – Ror Wolf hat offenkundig keine Probleme mit Wiederholungen, und ich als Leser sowieso nicht: »Am Anfang in Olm geschah gar nichts, / und später geschah nicht sehr viel, / und noch etwas später da war nichts, / abends im Automobil. // Sie saß dann auf einer Leiter, / in einem Kostümverleih, / und so ging der Abend weiter, / oder er war vorbei.«

Solche Merkwürdigkeiten lese ich gern, auch in der zehnten Variation; denn nach wie vor gilt, daß es unter den Heutigen niemanden gibt, der so autonom und kühn mit dem Reim umzuspringen vermag wie Ror Wolf. Das ist bekannt und auch in Rezensionen nachzulesen, u.a. den meinen, in denen ich z.B. beobachtet habe, daß Wolf »seine komischen Funken immer schon aus den Ungemütlichkeiten des Lebens geschlagen« hat. Weshalb ich mich auch nicht weiter wiederholen muß. »Und was sonst noch auf der Welt geschieht, / fällt in ein ganz anderes Gebiet.«

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg