Humorkritik | August 2007

August 2007

Komik in der Antike?

Wenn Literaturhistoriker etwas komisch finden, heißt das natürlich nicht, daß es komisch ist. Die Zeiten wandeln sich schließlich, aber die Werke bleiben, wie sie sind; vieles, was einmal witzig war, ist irgendwann nur noch witzig gemeint. Es ist keine lebendige Lustigkeit mehr in ihnen, es ist nur eine von fleißigen Sammlern aufgespießte tote Komik wie unter Glas: Der Laie staunt, worüber man einmal lachen konnte, doch der Fachmann, der die alte Zeit und ihren Geist intus hat, lächelt zufrieden.

 

Und ein Fachmann ist Karl-Wilhelm Weeber, der bei Reclam ein Büchlein über den »Humor in der Antike« herausgegeben hat, mit Proben der üblichen Verdächtigen Horaz und Martial, Plautus und Aristophanes, Homer und Juvenal etc., dazu mit griechischen und lateinischen Anekdoten und Witzen, Wandkritzeleien und Grabinschriften: eine gute Zusammenstellung, die zeigt, daß diese Sachen tatsächlich nur ausnahmsweise das Zwerchfell von heute beanspruchen. Apuleius zum Beispiel, der eine Marktszene mit einem betrügerischen Händler und einem eilfertigen, aber klotzdummen Beamten gekonnt zu pointieren weiß. Dagegen wirkt selbst der Auszug aus Petronius’ »Satyricon« langatmig – und die Länge ist der Tod der Kürze, gerade im komischen Fach; Plautus ist plattes Bauerntheater, und wenn Homers Schilderung eines Ehekrachs zwischen Zeus und Hera nicht zum Lachen ist, sondern zum Gähnen, so weil die beiden Gestalten längst keine Götter mehr sind und die komische Fallhöhe aus dem Olymp in den menschlichen Alltag fehlt.

 

Man müßte wohl zweitausend Jahre alt sein, um dieses altbackene Zeugs witzig finden zu können; so aber ist das meiste nur zermürbend betulich. Schmunzeln konnte ich über das wenigste, und richtig ­lachen…­ na ja… immerhin, da ist dieser Witz aus einer spätantiken Sammlung namens »Philogelos«, was auf deutsch »Der Lachfreund« heißt: Ein Mann mit stinkendem Atem begegnete einem Arzt. »Sieh, Herr«, sagte er, »mein Zäpfchen hat sich gesenkt«, und er machte seinen Mund weit auf. Der Arzt wandte sich ab und sagte: »Nicht dein Zäpfchen hat sich gesenkt, sondern dein Arschloch hat sich gehoben!«

  

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg