Inhalt der Printausgabe

September 2001


Das Super-Sexy-Satire-Spritzpistolen-Schwebe-Blatt
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Vor vierzig Jahren erschien die Nullnummer der Satirezeitschrift Pardon. Es war die Geburtsstunde des Humorkonzerns Neue Frankfurter Schule

Wie verkauft man eine satirische Zeitschrift?" fragt Chlodwig Poth im ersten Artikel der ersten Ausgabe von Pardon. "Es gibt einen ganzen Haufen Theorien, wie man eine Zeitschrift verkaufen kann. Über die Schwierigkeiten beim Verbreiten gezeichneter Wahrheiten aber gibt es leider noch keine Doktorarbeit, an die man sich halten kann. Sicher aber ist, daß eine Zeitschrift dann gekauft wird, wenn man über sie redet." Eben. Und über Pardon wurde und wird geredet. Bis heute.
In der kollektiven Erinnerung vieler Deutscher und sogar einiger Österreicher spielt das Blatt mit dem grüßenden Teufelchen noch immer eine bemerkenswerte Rolle. Als es 1962 an die Kioske ging, war die Ära Adenauer noch ohne jeden Vorschein von Flower-Power, dumpf und schwer lag sie über der geschäftig wirtschaftenden Republik, die Altnazis bereiteten sich mählich auf den Ruhestand vor, Erhard fieberte der Ernennung zum zweiten Kanzler der Republik entgegen, und viele angehende Studenten und abgehende Beatniks litten wie Hund unter der bleiernen Ödnis von Restauration, Experimentierfeindlichkeit und ängstlicher Maßhalterei. Auch wenn Nierentisch-Filme und fidele Schlager heute ein anderes, viel drolligeres Bild vermitteln mögen - "die fünfziger Jahre waren beschissen", sagt Hans Traxler, und der muß es wissen. Das adenauersche war das letzte Jahrzehnt, das noch fest im vorhergehenden Jahrhundert verankert war.
In einer Zeit, da Rock, Pop, Sex und Drogen noch Quark im Schaufenster waren, statt dessen Kirche, Kultur und kurze Haare für Plaisir sorgten, hatte das Frankfurter Satireblatt eine wesentliche Entlastungsfunktion, war neben dem studentischen Zentralorgan Konkret und dem durchgestylten Twen für viele das, was manche heute gerne "Leitkultur" nennen würden, damals aber noch nicht Gegenkultur, Szene oder Underground hieß. Denn das gab es noch nicht. Dafür gab es nun ein neues Heft mit einem neuen Ton, mit einer gewagten Mischung aus Satire und Nonsens, Polemik und politischer Analyse, Verarschung und Verunglimpfung.
Wer Pardon las, war auf der Welt nicht allein.

Pardon Gründer
Sechs Freunde wollen sie 1965 noch sein: Hans A. Nikel (liegend) und Werner Georg Bachert, Wolf D. Rogosky, F. K. Waechter, Chlodwig Poth, F. W. Bernstein (v.l.)
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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg