Vor vierzig Jahren erschien die Nullnummer der Satirezeitschrift Pardon. Es war die Geburtsstunde des Humorkonzerns Neue Frankfurter Schule
Wie verkauft man eine satirische Zeitschrift?" fragt Chlodwig Poth im ersten Artikel der ersten Ausgabe von Pardon. "Es gibt einen ganzen Haufen Theorien, wie man eine Zeitschrift verkaufen kann. Über die Schwierigkeiten beim Verbreiten gezeichneter Wahrheiten aber gibt es leider noch keine Doktorarbeit, an die man sich halten kann. Sicher aber ist, daß eine Zeitschrift dann gekauft wird, wenn man über sie redet." Eben. Und über Pardon wurde und wird geredet. Bis heute.
In der kollektiven Erinnerung vieler Deutscher und sogar einiger Österreicher spielt das Blatt mit dem grüßenden Teufelchen noch immer eine bemerkenswerte Rolle. Als es 1962 an die Kioske ging, war die Ära Adenauer noch ohne jeden Vorschein von Flower-Power, dumpf und schwer lag sie über der geschäftig wirtschaftenden Republik, die Altnazis bereiteten sich mählich auf den Ruhestand vor, Erhard fieberte der Ernennung zum zweiten Kanzler der Republik entgegen, und viele angehende Studenten und abgehende Beatniks litten wie Hund unter der bleiernen Ödnis von Restauration, Experimentierfeindlichkeit und ängstlicher Maßhalterei. Auch wenn Nierentisch-Filme und fidele Schlager heute ein anderes, viel drolligeres Bild vermitteln mögen - "die fünfziger Jahre waren beschissen", sagt Hans Traxler, und der muß es wissen. Das adenauersche war das letzte Jahrzehnt, das noch fest im vorhergehenden Jahrhundert verankert war.
In einer Zeit, da Rock, Pop, Sex und Drogen noch Quark im Schaufenster waren, statt dessen Kirche, Kultur und kurze Haare für Plaisir sorgten, hatte das Frankfurter Satireblatt eine wesentliche Entlastungsfunktion, war neben dem studentischen Zentralorgan Konkret und dem durchgestylten Twen für viele das, was manche heute gerne "Leitkultur" nennen würden, damals aber noch nicht Gegenkultur, Szene oder Underground hieß. Denn das gab es noch nicht. Dafür gab es nun ein neues Heft mit einem neuen Ton, mit einer gewagten Mischung aus Satire und Nonsens, Polemik und politischer Analyse, Verarschung und Verunglimpfung.
Wer Pardon las, war auf der Welt nicht allein.
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