"Zahlen, bitte!" – Fields-Medaillen-Gewinner Scholze im Gespräch
Der Mathematiker Peter Scholze, 30 Jahre jung, gilt als Jahrhundert-Genie auf dem Gebiet der konkreten Poesie – nein, auf dem der Mathematik natürlich, kleiner Scherz. Der begnadete Zahlentheoretiker ist Professor an der Universität Bonn und seit gestern der zweite deutsche Gewinner der begehrten Fields-Medaille, der wichtigsten Auszeichnung seines Fachgebiets. TITANIC-Science hat das Mathe-Ass nach der Preisvergabe zum ungezwungenen Plausch in einer Bonner Eisdiele getroffen.
TITANIC: Sehr geehrter Herr Scholze, Sie sind der Erfinder der sogenannten perfektoiden Räume. Was genau können wir uns darunter vorstellen?
Peter Scholze: Sie können sich darunter überhaupt nichts vorstellen. Die Menschen, die mir da auch nur ansatzweise folgen können, kann man an einer Hand abzählen – es sind sieben bis acht.
TITANIC: Moooment, eine Hand hat aber doch nur fünf Finger! Wie soll man denn da …
Scholze: Wohl noch nie was von Polydaktylie gehört. Das hätte ich mir ja denken können bzw. hab das sogar getan – die Wahrscheinlichkeit, dass einem Journalisten die Vielfingerigkeit bekannt ist, liegt bei 0,12 Prozent.
TITANIC: Dann haben Sie diese Metapher also nur gewählt, um uns und unseren Berufsstand zu kompromittieren?
Scholze: Zahlen, bitte!
TITANIC: (überrascht) Wie, wollen Sie etwa schon gehen?
Scholze: Nein, ich bat lediglich um Zahlen.
TITANIC: Wie Sie wünschen: Elf. Vierundzwanzig. Siebenundachtzig.
Scholze: (lächelt milde) Warum nicht gleich "Null. Acht. Fünfzehn"?
TITANIC: Ist Null überhaupt eine Zahl?
Scholze: Was glauben Sie denn, eine Hieroglyphe? Aber im Ernst ... (schaut auf sein Smartphone) Laut Wikipedia ist Null eine Zahl. Der entsprechende Artikel ist übrigens von mir, also muss es stimmen. Im Netz findet man ja auch viel Bullshit. Gestern stand dort über mich: "Typ Fahrradkurier. Er könnte auch als Aktivist für Tierrechte durchgehen." Wer denkt sich so einen Schwachsinn aus?
TITANIC: Manfred Dworschak vom "Spiegel". Fühlen Sie sich da falsch porträtiert?
Scholze: Ich hab nichts gegen Tiere, meine besten Freunde sind Zahlenfüchse und Brillenschlangen. Und auch ein Fahrrad hat Rechte. Trotzdem ist mir die Beschreibung suspekt – obwohl ich natürlich damit gerechnet habe, wie mit allem.
TITANIC: Dann rechneten Sie bestimmt auch mit dem Gewinn Fields-Medaille. Wissen Sie schon, was Sie mit den 15 000 Dollar Preisgeld machen werden?
Scholze: Natürlich erstmal in Euro umtauschen – das sind nach aktuellem Kurs 12 836,63 Euro.
TITANIC: Und dann?
Scholze: Wissen Sie, ich habe eine Schwäche für Kekse von Gottfried Wilhelm Leibniz. Nur echt mit 52 Zähnen. Eine Packung kostet bei Edeka 1,09 Euro. Ich könnte mir also insgesamt 11 775 Pa-
TITANIC: 11 776 sogar!!!
Scholze: (lacht) Jetzt haben Sie allen Ernstes geglaubt, ich hätte mich verrechnet, was? Mitnichten. Meinen Sie, ich gebe das komplette Preisgeld für KEKSE aus?! Ein neues Geodreieck ist ebenfalls dringend vonnöten, Kostenpunkt 1,79 Euro. Apropos: Zahlen, bitte!
TITANIC: (leicht genervt) Okay. Null. Acht. Fünfzehn.
Scholze: Sind Sie schwer von Begriff? Ich muss in 10 Minuten eine Vorlesung halten und habe den Kellner veranlasst, möglichst bald abzukassieren.
TITANIC: (kleinmütig) Entschuldigung. Die Rechnung geht selbstverständlich auf uns.
Scholze: (mitleidig) Trauen Sie sich das zu, inkl. der Mehrwertsteuer?
TITANIC: (überfordert) Wir danken Ihnen für dieses Gespräch, Herr Scholze.
◀ | Nur kein Gedäh! – von Martin Knepper | TITANIC Wirtschaft: Die Anfänge der Mega-Konzerne | ▶ |
Newstickereintrag versenden…