Leute von Paula Irmschler
Wie ich lernte, Männer zu respektieren
Ich dachte lange, wir sind eben alle verschieden und das ist gut so. Dann wurde mein Sohn 34. Ein Pamphlet.
Es sollte alles anders werden. Seit dem 34. Geburtstag meines Sohnes. An diesem Tag wurde mir plötzlich klar: Noch wohnt er bei uns, ist aber bald schon ein Mann. Bald würde er erwachen, seine Blüte (die auf der Stirn) wachgeküßt werden. In was für eine Welt muss ich ihn eigentlich entlassen? Die mit Blüten auf Stirnen.
Mein Sohn soll es einmal besser haben als ich. Das will vermutlich jede Mutter. Sein Geschlecht spielte bisher keine große Rolle für mich. Er war ein Junge und liebte als Kind eben alles, was blau war. Er liebte Monstertrucks, besoffen bei 4chan kommentieren und Flecken. Jungsspielzeug. Sein Vater und ich hatten dabei wenig Bedenken, obwohl es so unästhetisch war. Pokémon, Dinos und später dann Karten für ein Konzert von Burzum – wir machten alles mit. Ich dachte, dass er auch in blau und blau ein selbstbewusster und selbständiger Mensch werden kann. Erfolg im Leben und Fußball, für mich war das kein Widerspruch.
Schließlich kannte ich es so aus meinem beruflichen Umfeld: Die Männer, mit denen ich gearbeitet habe, waren selbstbewusst, stark, autonom und dennoch manchmal attraktiv. Welche Farbe ihre Unterhosen hatten, spielte dafür keine Rolle. Bis heute bin ich in meiner Branche keinem Mann begegnet, der von einer Frau abhängig ist, einige bringen gar selbstgemachte Brote mit, die durchaus als Essen durchgehen können.
Männer zu besitzen hat mir wirklich geholfen, die Welt anders zu sehen. Ich fing an, mich bewusst mit männlichen Dingen zu umgeben, um diese Energie, dieses speziell Männliche, in mein Leben zu integrieren. Schließlich war auch mein Vater ein Mann und auch dem seiner wiederum. All die inspirierenden Männer in meinem Leben – ich habe begonnen, sie wahrzunehmen und die Besonderheiten ihres Esprits zu schätzen und von ihnen zu lernen. Wie könnte ich mich also nicht für Männer einsetzen?
Deshalb sind wir dran: wir Mütter, Freundinnen, Schwestern, Omas, Tanten, wir Frauen. Denn wenn wir nicht bald anfangen, dafür einzustehen, dass unsere Söhne und Brüder, Freunde und Ehemänner genauso viele Chancen auf ein gutes Leben bekommen wie wir, wird in diesem Land nie Gerechtigkeit herrschen. Mir ist an diesem 34. Geburtstag meines Sohnes klar geworden: Der Kuchen ist groß genug. Nein, Jungs und Männer müssen nicht UNS gefallen, sie sind nicht für unser Entertainment da, wir müssen sie empowern auf ihrem Weg zu normalen Hobbys, richtigen Jobs und trotz ihrer demonstrativen Hässlichkeit zu ihnen halten.
Mein Mann fand es immer schade, dass ich mich nicht so nennen wollte: Maskulinist. Mit bestimmten Menschen will ich nun mal einfach nicht in einen Topf geworfen werden, gerade mit den ständig heulenden Netzmaskunazis. Man kann schließlich nur jemanden respektieren, der auch sich selbst respektiert und sich beispielsweise ordentlich anzieht. Heute weiß ich: Sichtbarkeit ist wichtiger als Eitelkeit. Heute kann ich endlich sagen: Ich bin Frau. Ich bin Mutter. Ich bin für Männer.
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