Glanz und Elend des Kurtchen Sahne. Ein Wochenend-Fortsetzungsroman (111)
Und holte später noch mal nach; und noch einmal.
Petra sprach zuzeiten zu ihm hoch, er deutete ein Bücken bloß noch an, er verstand, zwischen Andrea Berg (eventuell) und Ballermann-Musik, bloß Fetzen, und es kam ihm vor, als habe er was überstanden, etwas, von dem ihm erst auffiel, daß er es erlebt hatte, um es durchzustehen; und das vage, wahrscheinlich idiotische Lächeln, mit dem er sein kommentierendes Nicken illuminierte, tat nicht mehr weh wie früher am Bahnhof, sondern stimmte rundheraus. Vielleicht, so dachte Kurtchen und sog wonnig am Orangenschnitz, war dies Zen in einer unterhaltsam postmodernen Variante, und kaum hatte er dies zuende gedacht und einen frischen Tequila in sich hineingleiten lassen, brandete Roland Kaiser an seine, Kurtchens, Ganglien, und es war dieses Lokal ja wirklich eine Insel, die aus Träumen geboren war, Santa Maria, und während jetzt Petra, schon leise schwankend, Richtung Oma zog, um den Faden nicht reißen zu lassen, nahm Kurtchen den Gedanken tief in sich hinein, daß Roland Kaiser eigentlich Roland Keiler hieß, und daß er, Kurtchen, neulich einen Kassenzettel gefunden hatte, auf dem stand:
"Es bediente Sie Knüppel Gisela"
und wie schön also alles insgesamt war; selbst das Sodbrennen hielt sich in Grenzen.
Petra kam zurück und händigte ihm den Schnapsdreck aber nicht aus, sondern warf wortlos den Kopf zur Seite und wackelte davon, wahrscheinlich dem Schlagerinferno jetzt doch ein Schnippchen zu schlagen, und als sie saßen, über Eck, an einem dieser schweren, geduldigen Kneipentische, war es deswegen zwar nicht unbedingt leiser, aber Kurtchen merkte beim Sichsetzen, wie voll und im Grunde bedient er war; er ahnte, daß ihn das Glück bereits verließ.
Als hätte Petra den Gedanken gelesen, rührte sie ihr Glas, das sie eben noch vor Kurtchen hingestellt hatte, nicht an, sondern sah, die Hände, als gehörten sie nicht ihr, neben sich auf die Bank gelegt, ihn von der Seite an und lächelte wie tapfer, als werbe sie um Einverständnis, wofür auch immer.
"Weißt du eigentlich", fragte Kurtchen, den Schwung von eben noch zu nutzen, "wie Roland Kaiser richtig heißt?"
"Roland Kaiser", sprach Petra glasig, aber es war keine Antwort, sondern eine Gegenfrage.
Kurtchen tat, als habe er die Ausgangsfrage nicht gestellt, es war ihm dies zu kompliziert; er fragte, einer frischen Idee folgend, anders weiter:
"Weißt du, wie unser Sohn heißt?" Er tat ein bißchen wankend, die Frage zu entschärfen.
"Unser Sohn", wiederholte Petra abermals, doch schmunzelnd jetzt.
(wird fortgesetzt)
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