Geschmackssache: Neue Bären braucht das Land
Eine Kolumne von Jürgen Dollase
Die Haribo GmbH & Co. KG aus Bonn ist seit Generationen bekannt für ihr klug ausgearbeitetes Pralinensortiment. Zu den Klassikern, etwa Goldbären oder Lakritzschnecken, sind im Laufe der Zeit neue Produkte wie die Crazy Schnuller oder Bärenschuhe hinzugetreten. Es gehört zu den besonderen Speisestärken Haribos, über Innovationen die klebrige Bindung an die Tradition nicht zu vernachlässigen. Nun nimmt das Unternehmen sechs neue Variationen der allseits beliebten Goldbären in seine Europalette auf. Die Degustation beginnt mit der Note Heidelbeer. Das Fruchtgummi präsentiert sich in der bereits bekannten ansprechenden Bärenform, verweist aber durch seine leuchtend spüliblaue Farbe auf moderne Chemieverfahren bei der Herstellung. Für die weiche und zugleich feste Textur wurde wie bei allen Exemplaren der Reihe mit Gelatine vom Schwein gearbeitet. Hier zeigt sich die langjährige Erfahrung und das tiefe Verständnis der Zuckerbäcker aus Bonn für ihr Produkt. Wo Mitbewerber wie Katjes oder Trolli auf minderwertige Ersatzstoffe wie Camembert oder Silikon setzen, bekennt man sich bei Haribo zum regionalen Qualitätsprotein aus der Schwarte. Das eigentliche Geschmackserlebnis ist dann nicht überraschend, aber überzeugend: Die angenehm künstlichen Beerenaromen verteilen sich rasch im Mund und sorgen für einen vielstündigen Abgang; der zarte Schmelz des Corpus erzeugt eine wohlbalancierte sensorische Mischung aus viskos und mukös. Bei den weiteren Sorten Grapefruit, Kirsch, Aprikose, Waldmeister und Melone zeichnet sich ein ähnliches Bild. Das Grundkonzept, der Gummibär, wird stets beibehalten und nur durch jeweils andere Aromakompositionen (Grapefruit, Kirsch, Aprikose, Waldmeister und Melone) sowie verspielte Farbgebungen aus dem Sortiment der Faber-Castell AG zu einem eigenständigen Bonbon. Jedes für sich genommen ist dabei ein kleines Meisterwerk aus Sucre en Morceaux, Peau de Porc und interessanten Zusatzstoffen. Im Akkord ergibt sich jedoch ein undifferenziertes Durcheinander aus Geschmackspartikeln, das eher an Obstsalat denn an eine plastisch ausformulierte Speise erinnern. Hier hätte sich empfohlen, den Fruchtkosmos hinter sich zu lassen und gänzlich neue Wege zu beschreiten, etwa mit Gummibärchen, die Anleihen bei traditioneller Hausmannskost (Pizza, Würstel) nehmen. Alles in allem ist dennoch eine Nascherei auf hohem Niveau geglückt, die an keiner Restauranttheke fehlen sollte.
Begleitende Getränkeempfehlung: ein Glas exzellente Fanta oder frischer Zuckerrübensirup vom Faß
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