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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Seid erschütterbar und widersteht

„König“ Zufall führte mich jetzt zweimal viertelstundenweise vor „Germany’s Next Topmodel“, und auf die Gefahr hin, mich sehr angreifbar zu machen, wunderte mich weniger die wunderhübsch unverhohlene Ausleseidee als der Pool, aus dem die Auslese erfolgte; wie soll ich das sagen. Sagen wir so: Man glaubt ja eine Vorstellung davon zu haben, wie so ein Supermodel aussieht, und die „Mädels“ (Heidi) bei „Heide Klump“ (Thomas Gsella) sehen partiell überhaupt nicht danach aus – wie soll ich das sagen. Sagen wir so: Ich hätte rein gar nichts gegen eine Welt, in der ambitionierte junge Frauen auch mit einer Körperhaltung, wie sie meiner liederlichen entspricht, und der zutiefst durchschnittlichen Aura durchschnittlich tätowierter Durchschnittsfräulein Topmodels werden können, aber dass die Welt, wie sie ist, so nicht ist, weiß Heidi freilich am besten. Es ist dies vermutlich eine zynische Mischung aus Identifikationsangebot einer- und der Gelegenheit andererseits, sich an fremder Durchschnittlichkeit zu weiden. Überdurchschnittlich war nämlich bloß der Satz einer Kombattantin: „Wenn ich nicht weiterkomm’, eskalier’ ich“, und der war die Viertelstunde aber wert.

Faszinierend jedenfalls die Lücke zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung, und weil das natürlich meine ranzige Altmännerwahrnehmung ist, erinnere ich hier „gerne“ an TITANIC Heft 7/2002, Seiten 12ff., wo direkt überm Knick der Eröffnungsseiten ein Mann in den „besten“ Jahren sein Hemd bis zum Platzen füllt und allerspätestens anschließend alle Träume an ein Leben als Topmodel aufgegeben hat. Damals ging es um einen „antisemitischen Spaßwahlkampf in der Zone“, wo wir mit einem gelben Golf und allerhand Wahlkampfmaterial („Deutsche! Wehrt Euch! Wählt FDP!“) in die Fußgängerzone geprescht waren, um, der FDP-Politiker Möllemann hatte gerade dem Judenbengel Friedman das Misstrauen ausgesprochen, der lokalen Bevölkerung wie letztlich dem Eisenacher FDP-Kreisvorsitzenden philosemitische Spitzen zu entlocken: „Also viele sind froh, dass er“, Mölli, „mal ausspricht, was sich hier keiner zu sagen traut. Viele sind hier doch zurückhaltend, weil man Angst hat, die Dinge beim Namen zu nennen. Wissen Sie, das ist ein ziemlich heikles Thema, und man braucht Mut, um das auszusprechen! (vertraulich) Ich meine aber fast, dass es uns Stimmen bringt!“ Und zwar mindestens soviele wie das Wahlplakat mit der Aufschrift „Die liberale SpaSS-Partei“, gegen das der liberale Spitzenpolitiker nichts einzuwenden hatte: „Das ist Verpackung, das gehört dazu!“

„Schön, wie sich die Sterblichen berühren – / Knüppel zielen schon auf Hirn und Nieren, / dass der Liebe gleich der Mut vergeh… / Wer geduckt steht, will auch andre biegen. / (Sorgen brauchst du dir nicht selber zuzufügen; / alles, was gefürchtet wird, wird wahr!) / Bleib erschütterbar. / Bleib erschütterbar – doch widersteh.“ Rühmkorf, 1979

Es wird fast 18 Jahre dauern, bis mir der nächste ostdeutsche FDP-Kreisvorsitzende begegnet, diesmal des thüringischen Ilm-Kreises. Der wünscht sich via „Tagesthemen“, FDP-Ministerpräsident Kemmerich hätte „nicht so schnell aufgegeben“, und er bürgt für seinen Kreisverband. Caren Miosgas Satz aus der Anmoderation, Deutschland sei insgesamt „erschüttert“, ist also bloß eingeschränkt richtig: Deutschland ist erschüttert, soweit es nichts dagegen hat, dass Faschisten einen Ministerpräsidenten mitwählen, und weißgott nicht alle haben was dagegen. Der Kreisvorsitzende sagt, das seien doch gewählte Leute, und da hat er natürlich recht: Von Faschistinnen gewählte Faschisten repräsentieren den Volkswillen wie alle anderen auch, und der Volkswille ist, je nach Region, bis zu einem Viertel offiziell faschistisch, nichts zu machen.

König Zufall, dessen Zepter ich mich heute besonders willfährig füge, drückt mir eine Gremliza-Kolumne vom März 1989 in die Hand: „Der Erfolg der ,Republikaner’ lehrt, dass Nationalisten und Rassisten durch die öffentliche Beachtung ihrer ,Themen’ nicht besänftigt, sondern ermutigt werden; dass die Prinzipien antiautoritärer Erziehung an ihnen verloren sind und sie nur eines verstehen: den Stock – gesellschaftliche Ächtung, Drohung mit Entzug des Arbeitsplatzes und, wo sie laut werden, eins auf die Gosch“. Auf die Gosch kriegt aber bis heute eher die Antifa, zumal die im Osten, und sowenig ich gegen eine Welt hätte, in der eine ambitionierte Demokratie wüsste, was sie zu tun hat (etwa keinen Nazi mehr ins Fernsehen einladen), weiß ich doch am besten, dass die Demokratie, wie sie ist, so nicht ist, die deutsche schon einmal gar nicht, da kann sie erschüttert tun, wie sie will. Dass die Wessis die Ossis nach wie vor nicht verstünden, übermittelt eine Korrespondentin die lokale Stimmung, und mit ihrem Selbstwahrnehmungsproblem sind Klums Aspirantinnen also nicht allein.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
10.12.2023 Kassel, Bali-Kino/Kulturbahnhof Gerhard Henschel
10.12.2023 Frankfurt, Elfer Ella Carina Werner
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige