Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Ewig
Daß wir mit unseren Juden bei Stalingrad gesiegt hätten, ist so wahr, wie daß jetzt alles gut ist, weil der Bundespräsident den Antisemitismus verboten hat: „Ich möchte alle Deutschen und alle Menschen, die hier leben, auffordern, immer dann ihre Stimme zu erheben, wenn es einen neuen Antisemitismus gibt, der sich auf den Straßen brüstet“, und nicht immer nur dann zu krähen, wenn es um Panzer in Gaza geht, mit denen, da war sich ein „Nahost-Experte“ im ZDF sicher, jeder Jude am liebsten persönlich durch die renitenten Araberhorden pflügen und Kinder massakrieren würde („den Israelis ist das egal“). Und dies drei Minuten nach dem Filmbeitrag, in dem eine junge Israeli mit der leicht konträren Einschätzung zitiert worden war, der ganze barbarische Blödsinn sei „keinen einzigen Toten wert, egal auf welcher Seite“.
Es fügt sich nun gottlob, daß der Antisemitismus, den unser aller Obergauck auf den Straßen sich brüsten sieht, kein autochthoner ist, sondern „aus dem Kreis von türkisch- oder arabischstämmigen Einwanderern“ (focus.de) kommt, die das Ziel der Hamas, die Juden ins Meer zu treiben, rundum unterstützen, wobei es reichen dürfte, das sog. „Rückkehrrecht“ durchzusetzen, das von palästinensischer und arabischer Politik, selbst der gemäßigten, zur Voraussetzung für Frieden gemacht wird; ein Rückkehrrecht, das den Staat der Juden faktisch abschaffen würde. Daß auf dieser Grundlage verhandelt werden könnte, glauben außer der Hamas aber auch die deutschen Altbaubürger, die von israelischer Siedlungspolitik alles, vom Recht auf Rückkehr lieber gar nichts wissen und sich für den Araber immer dann in die Bresche werfen, wenn er nicht hier ist oder her will.
„Bis in die Kreise der höchsten Bildung hinauf, unter Männern, die jeden Gedanken kirchlicher Unduldsamkeit oder nationalen Hochmuts mit Abscheu von sich weisen würden, ertönt es heute wie aus einem Munde: ,Die Juden sind unser Unglück!‘“ Treitschke, 1880
Denn hier macht er ja doch nur auf „grobe Integrationsdefizite“ (Prantl) aufmerksam, wenn „eine neue Gruppe von migrantischen islamischen Jugendlichen … ganz selbstverständlich israelfeindlich und antisemitisch ist“, was freilich nach „pädagogischen Konzepten“ verlangt; denselben Konzepten, die die Landsleute zu solchen Vorzeigedemokraten gemacht haben, daß es z.B. die dringend nötige Israelkritik ohne den unermüdlichen Kampf für das Recht auf freie Meinungsäußerung schon gar nicht mehr gäbe: „Die Siedlungspolitik in Israel kann, darf und muß kritisiert werden. Der Gaza-Krieg“ – als notabene rein israelischer – „kann, darf und muß kritisiert werden. Man kann, darf und muß beklagen, daß Israel zur Verewigung des mörderischen Nahostkonflikts beiträgt“ (Prantl), nämlich, sofern es arabische Politik seit 1948 betrifft, qua Existenz; und wenn man mit der Klage fertig ist, kann man wieder neutralen Journalismus betreiben und die Bilder immer so montieren (Netanjahu im Kreis seiner Generäle, gleich drunter, kausal einwandfrei, die klagende Mutter in Gaza), daß die palästinensischen Propagandakompanien den Sekt holen würden, wenn sie denn Sekt trinken dürften.
Die „deutsche Mehrheitsgesellschaft“ (Prantl) soll den migrantischen islamischen Jugendlichen ruhig dankbar sein, muß sie doch, als gründlich durchzivilisierte, den Umweg über die Leserbriefspalten nehmen, wenn sie mal „Judenschweine“ rufen will, oder zu solchen Subtilitäten greifen wie die Kinorezensentin im SZ-Feuilleton am selben Tag, an dem Prantl über den „elenden alten Antisemitismus“ als „immer wieder aufgekochten Sud aus uralten Gehässigkeiten“ klagen mußte, sollte und durfte: „David (Ary Abittan) ist zwar Jude, aber immer pleite und arbeitslos“.
Man kann nicht sagen, dieser Antisemitismus brüste sich. Er ist einfach da.
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