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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Deutsche Dachschäden

Auch eine Halberinnerung ist eine Erinnerung, und so weiß ich noch, wie vor zwanzig Jahren, in Studententagen, ich sitze in irgendeinem fremden Wohnzimmer, mir irgendjemand aus irgendeinem Grund einen Vortrag über Gustav Seibt hält, den er, der Vortragende, aus irgendeinem Grund kannte, und von diesem Vortrag weiß ich kaum mehr, als daß darin das Wort „arkadisch“ fiel. Er, Seibt, sei nämlich „arkadisch“ aufgewachsen, glückselig inmitten von Bücherbergen und humanistischer Bildung. Mir hat das damals imponiert, und mir imponiert das immer noch, denn gerade gestern erlag ich, von Abendhitze völlig lahmgelegt, wieder mal den Verlockungen einer einsatzbereiten Fernbedienung und ließ den Bücherhügel neben dem Sofa Bücherhügel sein. So ähnlich hab ich auch studiert. Nu ja.

Daß sich das Arkadien deutscher Bildungsbürgerlichkeit längst in der Gegend von Bologna befindet, wissen wir; aber da, wo dieser Geist noch tiefempfunden weht, ist er sofort wieder bei sich; und nämlich deutschromantisch. Vor zwei Jahren hatte Seibt das neue Deutschland als Wiedergänger des Alten Reiches „in seinen besten Zeiten“ imaginiert, „wohlhabend, behäbig und rechtschaffen“ und „integrierendes Zentrum“ in einem „Europa vor den Nationen, in dessen Mitte Deutschland so fett, träge und unambitioniert ruhte wie heute wieder, vor allem bedacht auf seinen Wohlstand, seine Sicherheit, auf penible Rechtlichkeit und ordentliche Rechnungsführung. Zum Hassen.“ Wobei mit diesem Haß der nordwärts weisende Haß der südeuropäischen Tunichtgute mit dem Hang zur laxen Buchführung gemeint war, und wider diese Skepsis dem deutschen Hegenom gegenüber, dessen Wirtschaft so unwiderstehlich „brummt“ (faz.net, 3.6.), muß die deutsche Geistigkeit das Vaterland nach wie vor in Schutz nehmen: „Griechenland kämpft nicht nur gegen Schulden, sondern auch für seine Ehre. Bei den postnational gestimmten Deutschen stößt das auf Unverständnis.“

„Nichts stimuliert die Liebe zum eigenen Land so sehr, als wenn man es ständig gegen Klischees und Herabsetzungen zu verteidigen hat.“ Matussek, 2006

Quoi? What? Wie bitte? Die Deutschen „postnational“? Wo sechs Wochen vor bis sechs Monate nach jedem Sportgroßevent das halbe Land schwarz-rot-gold durch die Landschaft karriolt? Wo in Funk, Presse und Alltag heimatgetümelt wird, was das Zeug hält, und das Geschichtsbild in puncto Hitler längst wieder in den fünfziger Jahren angekommen ist? Wo das Dogma von der Austerität ipso facto nationalistische Züge hat und „die kritischen Kommentare und harten Worte Schäubles gegenüber der griechischen Regierung gut an(kommen): Im neuen ARD-Deutschland-Trend ist der Politikveteran mit 70 Prozent Zustimmung so beliebt wie noch nie“ (faz.net)? Weil im postnationalen Deutschland „wir“ zum beliebtesten Personalpronomen geworden ist und wir „unser Geld“ (Die Zeit) nicht länger griechischen Rentnern hinterherwerfen wollen? Wiewohl es immer darum gegangen ist, „private Gläubiger, also Banken, Hedgefonds, reiche Privat­anleger, Speku­lanten, vor Verlusten zu schützen, indem man ihnen ermöglicht hat, Geld für Anlei­hen, die am Markt noch vierzig Prozent wert waren, zu hundert Prozent zurückzube­kommen“ (Sahra Wagenknecht)? Und die rücksichtslose deutsche Konzentration aufs Exportgeschäft, die u.a. griechische Supermärkte mit deutschen Waren vollstellt, ja nun auch nicht der Inbegriff von Postnationalität ist?

Früher waren die Deutschen Hunnen, und es war Europa nicht recht, heute sind sie cool, und wieder haben alle was zu meckern. Laut Seibt ist das sehr unfair: „Die ostentative nationale Lässigkeit der seit ihrer Wiedervereinigung zunehmend auch seelisch sanierten Deutschen wirkt allerdings bei ihren weniger aufgeräumten Nachbarn im Süden inzwischen schon wieder selbstgerecht: Postnational und eine Null bei der Neuverschuldung, das ist schon bei Italienern … so unglaubwürdig, daß sie im Deutschlandlied immer wieder vor allem das ,über alles’ heraushören“. Und nicht nur sie.

Seelisch saniert? Wenn Sie mich fragen: Pfusch am Bau.




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Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Apropos: ¡Hola bzw. holla, spanischer Priester!

Du hast Dir die Worte aus dem Matthäusevangelium »Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach« zu sehr zu Herzen genommen und in Deiner Gemeinde in der Kleinstadt Don Benito einen regen Handel mit Potenzmitteln betrieben. Für diesen nach weltlichem Ermessen offensichtlichen Sündenfall musst Du Dich nun vor einem irdischen Gericht verantworten.

Uns ist zwar nicht bekannt, ob Du Dich gegenüber Polizei und Justiz bereits bußfertig gegeben hast oder weiterhin auf das Beichtgeheimnis berufst. Angesichts der laut Zeugenaussagen freudigen Erregung Deiner überalterten Gemeindemitglieder beim Geläut der Glocken sowie ihres Durchhaltevermögens bei den nicht enden wollenden Eucharistiefeiern inklusive Rumgeorgel, Stoßgebeten und orgiastischer Gottesanrufungen sprechen alle Indizien aber ohnehin gegen Dich!

Bleibt auch ganz ohne künstliche Stimulanzien weiter standfest im Nichtglauben: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt