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Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Das Beste aus meiner Welt

Auch einem Spitzenkolumnisten fällt nicht immer etwas ein, und also besann ich mich auf den Trick eines Kollegen und fragte meinen Kühlschrank. Mein Kühlschrank ist noch ziemlich neu und war vielleicht für ein paar freshe Ansichten gut.

Er antwortete überraschend direkt.

„Überleg dir zum Beispiel“, sagte er, „ob du nicht neuerdings wie ein alter fetter Kolumnist klingst.“

„Ich bin alt und fett“, antwortete ich und bereute schon, ihn überhaupt gefragt zu haben, Energieklasse A+++ hin oder her.

„Quatsch“, sagte er und hatte recht. „Du musst dich also nicht über alles aufregen, was irgendwie neu oder anders ist.“

„Irgendwie anders?“

„Dass, sagen wir, die Progressiven überall mit ihren Kindern rumramentern. Macht man vielleicht heute so.“

„Du meinst, dass Leute ihre Kinder als Trophäen benutzen. Und nur weil man es heute vielleicht so macht, muss es ja nicht richtig sein. Und ich hab die Geschichte ja bloß erzählt.“

„Man schlägt immer den Boten.“

„Du und mich schlagen. Wofür auch?“

„Dafür, dass nicht alles, was man heute macht, falsch ist.“

„Sagt ja keiner.“

„Bist du sicher? Nicht dass ich dich am Ende mit einem Tiefdruckkolumnisten verwechseln muss!“

„Dem mit dem Kühlschrank?“

„Oder dem andern.“

Das war fies. Ich unterbrach meinen Gesprächspartner, indem ich seine Tür öffnete. Da ich mich aber an den alten Erdbeer-Sojajoghurt immer noch nicht herantraute, machte ich wieder zu und holte lieber den sechsten Band von Pohrts Werken aus dem Wohnzimmer, dem naseweisen Apparat (sic!) mal ein bisschen Aufklärung beizubringen.

„Veränderungen lehne ich nicht pauschal ab, da haben Sie nicht recherchiert.“ Martenstein, 2018

„Pass auf, Blödmann: Hier schreibt Wolfgang Pohrt von der Unfähigkeit des deutschen Sozialcharakters, sich ,mit gesellschaftlichen Formen, auch mit vernünftigen und berechtigten, anzufreunden, die er vielmehr als Einengung, Einschränkung oder Fesselung seiner wahren Natur betrachtet’. Es sei dies der ,reaktionäre Drang nach Selbstenthemmung’, und in diesem Sinne wäre gegen ,gelungene Anpassung und Vergesellschaftung’, sagt Pohrt, ,gar nichts einzuwenden’. Er beruft sich dabei auf Adorno.“

„Adorno“, murrte mein Kühlschrank, als hätte ich „Bauknecht“ gesagt. Er fügte ein Brummen hinzu, das ich für Unsicherheit nahm. Ich ergriff die Chance und zitierte:

„Aber indem sie bis zum Kern mit der Konvention eins ist, zergeht die Spannung des Konventionellen mit der Natur, und damit die Gewalt, welche das Unrecht der Konvention ausmacht: psychologisch ist das schlecht Konventionelle immer Mal einer misslungenen Identifikation. Wie sein Gegensatz würde der Begriff der Konvention selber hinfällig. Durch die totale gesellschaftliche Vermittlung stellte gleichsam von außen nach innen zweite Unmittelbarkeit, Humanität sich her.“

Ich hielt inne. Ich war nicht sicher, ob ich das tatsächlich verstanden hatte, aber es klang, wie immer, sehr überzeugend. Jedenfalls schwieg mein Kühlschrank, als denke er nach.

„Außerdem“, fuhr ich fort und griff mit Schwung ins Nähkästchen, „spricht Richard Sennett vom ,Terror der Intimität’ als dem ,Verlust der Öffentlichkeit’, nämlich als freundlich geregelter. Und was Freud übers Schamlose sagt, ist bekannt.“

„Aber diese harmlosen Habeck-Wähler …“, begann mein Kühlschrank.

„… wohnen im teuersten Viertel“, fiel ich ihm ins Wort, „und ob sie eher freundlich sind oder aggressive Kleinfamilienfetischisten, bliebe zu ermitteln. Mag sein, Dezenz war als bürgerliche Tugend mal spießig. Heute, unterm Diktat ständiger Selbstvermarktung, begänne das ganz Andere mit dem, was Adorno ,Zartheit’ nennt. Das ständige Sich-Spreizen und -Breitmachen ist bloß Konkurrenzwirtschaft, die Raumforderung auf Kosten anderer, der Imperialismus des kleinen Mannes, zumal des deutschen, völkisch versauten: Seht her, mein blondes Biokind dem Führer!“

„Aber diese Leute“, unternahm mein Kühlschrank einen letzten Versuch, „sind nun mal konservative Feindbilder …“

„Diese Leute“, ich machte den Sack zu, „sind die Leute mit dem SZ- oder ,Zeit’-Abo. Und es ist ein Unterschied, ob ich von rechts das Deviante hasse oder von links das Konforme, das sich fürs Gegenteil hält. Rechts geht’s um Ruhe und diese Ordnung; mir geht’s um eine andere. Das sollte selbst einem Kühlschrank wie dir klar sein.“

„Dann frag mich halt nicht mehr“, sagte mein Kühlschrank, und ich versprach’s.




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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
05.12.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Til Mette
06.12.2023 Oldenburg, Wilhelm 13 Bernd Eilert mit Sandra Kegel und Klaus Modick
06.12.2023 Berlin, Das ERNST Hauck & Bauer mit Kristof Magnusson
07.12.2023 Bad Homburg, Kulturzentrum Englische Kirche Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige