Die Lenden des Robert Habeck
Geschmacklos, aber auch supergeil, dachte Robert Habeck neugierig, als er die Stufen in das ungewöhnliche Bürokellergewölbe hinunterstieg. An den Wänden waren echte Fackeln angebracht, die Decken mit frivolen Fresken verziert. Es war Dezember 2018, und Habeck war eingeladen zur Weihnachtsfeier der Social-Media-Agentur Storymachine. Erst hegte Habeck Zweifel, ob er als Politiker in Verantwortung an einem solchen Event überhaupt teilnehmen dürfe. Die Agentur war schließlich von Ex-»Bild«-Chef Kai Diekmann und zwei noch größeren Schwachköpfen gegründet worden. Doch als er die hippen Sex-People sah, die sich ihm auf der Instagram-Seite der Firma präsentierten, waren alle Zweifel wie weggeblasen.
Habeck bekam am Einlass ein seltsames Armband verpasst, eilig stieß er die schwere Tür auf, auf der »storymachine office: coffee meets ideas« stand. Was für Idioten, dachte Habeck luzide, bevor ihn der Anblick überwältigte, der sich ihm nun bot: Der Raum wirkte wie eine Kathedrale, von den Decken hingen Kronjuwelenleuchter, die Schreibtische waren Altäre – und auf jedem einzelnen wurde bereits extrem herumgebumst. Dabei war es erst neun. Mein Gott, was ist das für eine Weihnachtsfeier, dachte Habeck geiernd. Es war wie ein Blick in die Zukunft: Geschlechtergrenzen und -normen existierten hier nicht mehr, es wurde zu zweit, zu dritt, zu fünft gevögelt, alle bedienten per App ein LED-Armband, das signalisierte, ob man sein Einverständnis gab oder nicht. Habeck sah nur grün-schimmernde Armbänder. Wenn das Büro jetzt noch energieeffizient ist, stehe ich hier in der Welt, für die ich schon mein gesamtes politisches Leben lang kämpfe, dachte Robert Habeck plötzlich wie erstarrt. So viel Sex hatte selbst er noch nie auf einmal gesehen. Natürlich wollte er sich sofort mittenrein stürzen, doch war er etwa – gehemmt?
»Spritzalarm!« Plötzlich sprang der Gastgeber mit einer entkorkten Magnumflasche Schaumwein auf Habeck zu. Diekmann sah aus, als wäre er schon seit zwölf Stunden am Spritzen und immer noch nicht leer. »Habeck! Willkommen bei Storymachine, we power your genitals. Was kann ich Ihnen anbieten?« fragte der ehemalige Blattmacher sich entblätternd. »Herr Diekmann, stellen Sie mich doch am besten einfach mal vor!« Habeck war wieder ganz Politprofi. Diekmann nahm Daumen und Zeigepfinger in den Mund und pfiff spitz durchs Pimperoffice. Sofort kam ein junger Style-Nerd, mit nichts als Dr. Martens-Lederschuhen bekleidet, angeflitzt. Ehe Habeck sich’s versah, hakte sich der volljährige Jungspund, der sich als Patrick und volljährig vorstellte, bei ihm unter und zog ihn durchs schier endlos geile Gedränge und Gedengel. Habeck spürte Dutzende gieriger Hände, und als sie vor einem Raum ankamen, der mit »Pitch Paradise« beschriftet war, waren auch Habeck nur noch seine Boots geblieben. Sie traten ein, und gleich küsste Patrick ihn, wie und wo er noch nie geküsst worden war. »Endlich frei«, dachte Habeck, als Patrick ihm mit der Zunge ein Stück Pappe an den Gaumen drückte. »Endlich frei und um die nicht heteronormative Erfahrung bereichert, die mir auf dem Weg ins Kanzleramt noch fehlte«, dachte Robert Habeck, bevor er sich für 48 Stunden vollends in besinnungsloser Lust und bunten Farben verlor.
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