Der Wochenrückklick – von Mark-Stefan Tietze
Chaos in Chemnitz: Wie schon am Montag zuvor begann auch diese Woche wieder mit gewalttätigen Ausschreitungen, nur dass sie dieses Mal von der Bühne ausgingen. Unter den Augen von Karl Marx und unter der Schirmherrschaft eines linksradikalen Bundespräsidenten verletzten die Anarchopunks von den Toten Hosen mehrere Zehntausend Versammlungsteilnehmer schwer an den Ohren. Nazis waren aus Angst vor Hörschäden überwiegend zu Hause geblieben. Dafür kamen die Hitlergrüße diesmal vom Führer persönlich, der sie per Skype aus seinem Exil in Südamerika herüberfunkte. Die sächsische Polizei stand wie gewohnt untätig daneben.
Am Dienstag wurde die gesellschaftliche Spaltung weiter vertieft. Schlagersternchen Helene Fischer rief ihre Fans in Berlin zum antifaschistischen Kampf auf und forderte, Zeichen zu setzen, notfalls mit dem Messer. CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer griff die Sängerin deshalb scharf an. Sie geriet jedoch mächtig in die Bredouille, als im Netz ein bislang unbekanntes Amateurvideo auftauchte. Es zeigte die Saarländerin beim Mitgrölen zu Fischers Gewalthymne "Bullen atemlos gemacht", nachdem sie von einem Mitarbeiter des Ordnungsamts wegen Falschparkens verwarnt worden war.
Die Schlagzeilen des Mittwochs beherrschte wiederum Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. In seiner Regierungserklärung entlarvte er die gewalttätigen Ausschreitungen von Chemnitz als reinen Medien-Fake, dem sich die sächsische Polizei erfolgreich entzogen habe: nämlich durch demonstrative Abwesenheit. Linken Kritikern, die dort irgendwelche Pogrome gesehen haben wollten, warf er eine Verharmlosung der Nazizeit vor; den anwesenden Kameraden der Chemnitzer "NS-Boys" und der Dresdner "Faust des Ostens" dankte er für ihr besonnenes Vorgehen.
Der Donnerstag begann mit einem Paukenschlag, jedenfalls bei einer Orchesterprobe in der Chemnitzer Philharmonie. Für Aufregung im politischen Berlin sorgte derweil Innenminister Horst Seehofer. Er nannte die Migration in einem Interview "die Mutter aller Probleme", verweigerte aber zum Schutz seiner Privatsphäre strikt den vorgeschriebenen Vaterschaftstest. Den Beifall prominenter Männerrechtler aus AfD und Neonaziszene, so Seehofer, nehme er gerne in Kauf, um die Kräfte der Mitte an einem entscheidenden Punkt wieder zusammenzuführen: seinem Penis.
Der Freitag stand schließlich ganz im Zeichen von Verfassungsschutzpräsident Maaßen, der Filmdokumente der angeblich gewalttätigen Ausschreitungen von Chemnitz als Fälschungen enttarnte. Für Wirbel sorgen nach wie vor Maaßens Andeutungen, dass Angela Merkel in die Verschwörung verwickelt sei, um ihren Sturz zu verhindern. Entsprechend laut ist das Geschrei bei den Systemparteien. Dass Maaßen aber recht hat, steht außer Zweifel: Immerhin berät er seit längerem die führenden Köpfe von Pegida und AfD und weiß besser als andere, wann die nächste Machtergreifung ansteht. Vielleicht schon an diesem Wochenende?
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