Humorkritik | Februar 2024
Februar 2024
»Wir können die Frage, warum Franz Kafka gelacht hat, nicht beantworten.«
Wilhelm Genazino
Palastgestank
Roman Polański ist mittlerweile 90 Jahre alt, und auch wenn in seinen großen Erfolgen wie »Rosemary’s Baby« oder »Der Pianist« Komik eher unterrepräsentiert ist, hatte er stets ein Faible fürs Satirische, zuletzt in »Der Gott des Gemetzels« und »Venus im Pelz«. Schon in den 60er-Jahren drehte er hübsch bösartige Thriller-Komödien wie »Wenn Katelbach kommt …«, und auch sein »Tanz der Vampire« ist ja eher albern als gruselig.
Angesichts seines neuesten Films »The Palace« (derzeit im Kino) wäre ihm aber zu raten, es langsam einmal gut sein zu lassen. Dabei ist die Idee vielversprechend: »The Palace« ist ein High-Society-Hotel in den Schweizer Alpen, man feiert den Silvesterabend 1999/2000, und die mehr oder minder Reichen und Schönen warten wegen des sog. »Millennium-Bugs« auf eine Art Weltuntergang. Der Film stellt einige der Figuren vor, verliert sich dabei aber bald in Nebenhandlungen und besteht ansonsten aus Pipi-Kacka-Kotze-Witzen und sehr schlichten Zoten. Nur ein Beispiel: Eine Art hippieske »Marquise« macht sich Sorgen um ihren Hund Mr. Toby, weil der auf ihr Hotelbett defäkiert hat. Da im Hotel kein Tierarzt anwesend ist, lässt sie den Schönheitschirurgen Dr. Lima rufen, der mit allen hier bestens bekannt ist (sein fragwürdiges Wirken ist in den Gesichtern der meisten Hotelgäste gut sichtbar). Der Arzt untersucht den Hund, diagnostiziert Würmer und erklärt der Besitzerin, er befürchte, dass sie ebenfalls befallen sei, weswegen er nun auch von ihr eine Stuhlprobe benötige. – Das war die Pointe.
Zwischendurch tapst auch noch ein erstaunlich schlecht animierter Pinguin durchs Hotel, der schließlich von dem bewurmten Mr. Toby von hinten – na ja, Sie können es sich denken. Lustig sind an »The Palace« aber zumindest einige Nebenaspekte, wie zum Beispiel, dass sich dieser Unfug ab sofort in das vielfach geehrte Polański’sche Lebenswerk einreiht und es möglicherweise sogar abschließt, d. h.: krönt. Auch die pikierten, teilweise derben Reaktionen aus der Filmkritik haben mir gut gefallen. So durfte ich wieder einmal das schöne englische Wort »stinker« lesen, das hier ungefähr »enttäuschender Mist« oder »Scheiß« bedeutet und das der amerikanische Kritiker Phil de Semlyen in dem Satz »Roman Polański’s Eurotrash hotel farce is an absolute stinker« treffend unterbrachte.