Humorkritik | Februar 2024

Februar 2024

»Wir können die Frage, warum Franz Kafka gelacht hat, nicht beantworten.«
Wilhelm Genazino

Am Strand von Utah

Das »Traumschiff« kommt nur drei-, neuerdings viermal im Jahr und damit selten genug, dass man seiner Trashigkeit nicht müde wird. Diese äußert sich etwa in der zuverlässigen Vorhersehbarkeit des Skripts: Unter geeichten Zusehern kursiert das Spiel, innerhalb der Boardingphase den kompletten Handlungsverlauf vorauszusagen, was erstaunlich oft gelingt. Aus humorkritischer Sicht war auch bei den jüngsten beiden Folgen zu Weihnachten und zu Silvester, »Utah« und »Nusantara«, die unfreiwillige Komik interessanter als die gewollte: Letztere kommt in Sprüchen wie »Eure Begrüßung hätte höchstens am Nordpol eisiger ausfallen können« zum Ausdruck sowie in der Comic-Relief-Figur Oskar Schifferle (Harald Schmidt). Schmidt, der nichts dafür kann, dass ihm als humoristische Höhepunkte hypochondrische Blutdruckmessungen oder falschrum gehaltene Landkarten ins Drehbuch geschrieben werden, ist mit Unterbrechungen seit 2008 dabei, seltsamerweise mit zwei sehr ähnlichen Rollen, die beide »Oskar« mit Vornamen heißen (Eintänzer O. de Navetta und Kreuzfahrtdirektor O. Schifferle). Es ist bedrückend zu sehen, wie er noch das letzte Witzpotential seiner Texte durch uninspiriertes Herumstehen und gelangweiltes Zeilenaufsagen erstickt; mittlerweile wirkt er dabei fast so greise wie der ehemalige Kapitänsdarsteller Siegfried Rauch (welcher erst in Rente geschickt wurde, als er den Altersdurchschnitt des Publikums selbst bei verlegter TV-Brille erkennbar überschritten hatte).

Erfreulicher ist da die außerplanmäßige Komik, sei es die messianische Aufopferungsbereitschaft des Kapitäns (Florian Silbereisen), der, als er erfährt, dass seine Geliebte verheiratet ist, ausschließlich deren Ehe im Sinn hat, oder die Tatsache, dass der obligatorische Landausflug kommentarlos ins Monument Valley, Utah, führt – 1000 Kilometer landeinwärts. Dort soll man tatsächlich glauben, ein von Kai Pflaume mit deutschem Akzent gemimter Sheriff würde als Mitarbeiter einer festungsartigen Polizeistation auf Zuruf eines Freundes die Protagonisten spaßeshalber ins Gefängnis stecken (Entschuldigung: Spoiler!). Unvergessen bleibt auch, wie Silbereisen mit seiner neuen Geliebten in besagter Boardingphase zum Schiff kommt – die Passagiere checken ein, alles wird zur Abfahrt vorbereitet –, und die Geliebte fragt den Kapitän dieses im Ablegen begriffenen 192-Meter-Luxuskreuzers allen Ernstes: »Kannst du deinen Urlaub nicht noch etwas verlängern?«

Dochdoch, drei- bis viermal im Jahr erheitert so etwas durchaus.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Grüß Gott, Businesspäpstin Diana zur Löwen!

Du verkaufst seit Neuestem einen »Anxiety Ring«, dessen »bewegliche Perlen« beim Stressabbau helfen sollen. Mal abgesehen davon, dass das einfach nur das hundertste Fummelspielzeug ist, kommen uns von ihren Nutzer/innen glorifizierte und zur Seelenerleichterung eingesetzte bewegliche Perlen an einer Kette verdächtig bekannt vor.

Ist für Dich natürlich super, denn auch wenn Du Deinen treuen Fans skrupellos das Geld aus der Tasche ziehst, in die Hölle kommst Du zumindest für diese Aktion sicher nicht.

Auch wenn dafür betet:

Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Back to Metal

Wer billig kauft, kauft dreimal: Gerade ist mir beim zweiten Sparschäler innerhalb von 14 Tagen die bewegliche Klinge aus ihrer Plastikaufhängung gebrochen. Wer Sparschäler aus Kunststoff kauft, spart also am falschen Ende, nämlich am oberen!

Mark-Stefan Tietze

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«